Lambrecht: Sterbehilfe-Regelung noch in dieser Wahlperiode machbar

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hält es für möglich, die Sterbehilfe noch vor der nächsten Bundestagswahl gesetzlich neu zu regeln. "Ich halte es für machbar, dass wir noch in dieser Wahlperiode über Gruppenanträge im Bundestag Regelungen zum Thema Suizidhilfe schaffen", sagte die SPD-Politikerin der "Rheinischen Post" (Ausgabe vom 06.03.2020).

BVerfG: Recht auf selbstbestimmtes Sterben verletzt

Das Bundesverfassungsgericht (BeckRS 2020, 2216) hatte vor kurzem die Tür für organisierte Angebote zur Sterbehilfe in Deutschland weit aufgestoßen. Die Richter kippten das seit Dezember 2015 bestehende Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe - es verletze das Recht des Einzelnen auf selbstbestimmtes Sterben. Dabei hat "geschäftsmäßig" nichts mit Geld zu tun, sondern bedeutet "auf Wiederholung angelegt". Es geht um die sogenannte assistierte Sterbehilfe - dabei wird das tödliche Medikament nur zur Verfügung gestellt, der Patient nimmt es selbst ein. Aktive Sterbehilfe - also Tötung auf Verlangen, etwa durch eine Spritze - bleibt verboten.

Regulierung durch Gesetzgeber möglich

Das BVerfG hatte zudem die Möglichkeit des Gesetzgebers herausgestellt, Sterbehilfe zu regulieren - denkbar sind etwa Beratungspflichten und Wartefristen. "Deshalb sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestags jetzt gefordert, eine neue Regelung schaffen", sagte Lambrecht. "Wie das Thema Suizidhilfe gesetzlich geregelt wird, muss eine Gewissensentscheidung frei von Fraktionsdisziplin bleiben." Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte schon Gespräche über mögliche Neuregelungen angekündigt.

Lambrecht: Assistierter Suizid darf keine gesellschaftliche Normalität werden

Lambrecht sagte, sie sei persönlich davon überzeugt, dass der assistierte Suizid keine gesellschaftliche Normalität werden dürfe. "Alte und pflegebedürftige Menschen haben ein Recht auf Pflege, Begleitung und Zuwendung. Sie dürfen keinesfalls das Gefühl haben, dass sie ab einer gewissen Pflegebedürftigkeit die Suizidhilfe in Anspruch nehmen müssten", so die Ministerin.

Patientenschützer gegen Eile

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wandte sich gegen Eile bei Neuregelungen. "Es braucht ein neues Gesetz", sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. "Das muss aber wohlüberlegt sein." Derzeit gebe es mehr Fragen als Antworten. Begriffe wie Aufklärungs- und Wartepflichten oder Erlaubnisvorbehalte seien leere Worthülsen, unter denen jeder etwas anderes verstehe. "Für den Gesetzgeber ist es eine Mammutaufgabe, diese Vorgaben mit juristischen Inhalten zu füllen."

Redaktion beck-aktuell, 6. März 2020 (dpa).