LAG Schleswig-Holstein: Einigungsstelle darf keine Vorgaben zur Mindestbesetzung mit Pflegekräften machen

Eine Einigungsstelle kann auch aus Gründen der Mitbestimmung beim Gesundheitsschutz gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG keine Vorgaben an den Arbeitgeber über die personelle Mindestbesetzung (hier: mit Pflegekräften) beschließen. Dies hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Beschluss vom 25.04.2018 entschieden (Az.: 6 TaBV 21/17). Das LAG hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Einigungsstellenspruch regelt Mindestbesetzung für Pflegedienst in Klinik

In der Vergangenheit stritten die Arbeitgeberin, die eine Klinik betreibt, und ihr Betriebsrat wiederholt über die Frage der Mindestbesetzung für den Pflegedienst auf bestimmten Stationen. Schließlich wurde im Frühjahr 2013 eine Einigungsstelle zum Arbeits- und Gesundheitsschutz gebildet. Im Lauf des Einigungsstellenverfahrens schlossen die Beteiligten verschiedene Zwischenvereinbarungen. Es wurden insgesamt drei Gutachten zur Belastungs- und Gefährdungssituation des Pflegepersonals eingeholt. Da sich die Arbeitgeberin und der Betriebsrat über die Bewertung der Ergebnisse und etwaige hieraus folgende Maßnahmen nicht einigen konnten, endete das Einigungsstellenverfahren durch einen Spruch. Dieser sieht eine Schichtbesetzung mit einer bestimmten Zahl von Pflegekräften für bestimmte Belegungssituationen vor. Die Arbeitgeberin machte die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs geltend.

LAG: Erforderliche Gesundheitsgefährdung mit unzulänglichem Gutachten begründet 

Das LAG gab der Arbeitgeberin - anders als das Arbeitsgericht - Recht. Der Einigungsstellenspruch sei unwirksam. Die Einigungsstelle habe schon formal ihre Kompetenz überschritten, indem sie ihre Entscheidung auf unzulässige Feststellungen zu bestehenden Gefährdungen gründete. Der Betriebsrat habe zwar gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz. Das beziehe sich auch auf Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden. Eine Handlungspflicht des Arbeitgebers, deren Umsetzung der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliege, bestehe jedoch erst, wenn entweder Gefährdungen feststehen oder im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung konkret festgestellt sind. Die Einigungsstelle selbst dürfe das Bestehen einer Gefährdung nicht eigenständig feststellen. Die Einigungsstelle und in der Folge das Arbeitsgericht hätten die Gefährdung aber mit einem Gutachten begründet, das die Anforderung an eine Gefährdungsbeurteilung nicht erfülle.

Selbst bei konkreter Gesundheitsgefährdung keine erzwingbare Mitbestimmung bei Personalplanung

Selbst bei Annahme einer konkreten Gefährdung hat die die Einigungsstelle mit ihrem Spruch laut LAG die Grenzen dessen, was nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG erzwingbar sei, auch inhaltlich überschritten. Bei der Personalplanung des Arbeitgebers habe der Betriebsrat nicht erzwingbar mitzubestimmen. Er könne nach § 92 BetrVG allenfalls eine Unterrichtung und Beratung verlangen. Wie der Gesetzgeber in § 3 Abs. 2 ArbSchG verdeutlicht habe, sei die vom Arbeitgeber festgelegte Zahl der Beschäftigten bei Planung und Durchführung der Maßnahmen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG zu berücksichtigen. Der Überlastungsschutz müsse also durch andere Maßnahmen, etwa auf organisatorischer Ebene, gewährleistet werden.

LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.04.2018 - 6 TaBV 21/17

Redaktion beck-aktuell, 4. Mai 2018.

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