Eine angestellte Anwältin war aus einer Kanzlei ausgeschieden und stritt sich nun mit ihren ehemaligen Chefs um ihr Arbeitszeugnis. Dabei war die Bewertung ordentlich ausgefallen ("immer zu unserer vollen Zufriedenheit") und das Zeugnis enthielt eine wohlwollende Schlussformel ("Wir bedauern diese Entwicklung sehr […] Wir danken ihr für […] und wünschen ihr […] weiterhin viel Erfolg."). Doch Optik und Formalien ließen aus Sicht der Insolvenzrechtlerin zu wünschen übrig. So fehlte unter anderem nach der Unterschrift des Arbeitgebers die Berufsbezeichnung und die Kanzlei hatte in den genutzten Sichtfensterumschlag, in dem sie das Zeugnis verschickte, die Adresse der Juristin eingesetzt.
Andere Punkte leuchteten der Kanzlei sofort ein: Die Daten im Zeugnis sollten einheitlich sein und die Tätigkeitsbeschreibung bündig formatiert. Noch in der ersten Instanz stellten die Anwälte ihrer Ex-Kollegin ein korrigiertes Zeugnis aus, strichen aber im Gegenzug offenbar aus erzieherischen Gründen die Schlussformel - ein Phänomen, mit dem sich kürzlich auch das BAG beschäftigt hat. Beim ArbG gewann die Anwältin fast vollständig – die guten Wünsche mussten wieder in den Text, der "Rechtsanwalt" musste zur Unterschrift hinzugefügt werden. Auch die Privatanschrift sollte raus aus dem Zeugnis. Und dieses sollte nicht gefaltet werden. Nur an einer Stelle gingen die Forderungen der Anwältin auch schon dem ArbG zu weit: Beim doppelseitigen Ausdruck dürfe es bleiben, so die erste Instanz.
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 02.11.2023 – 5 Sa 35/23) bestätigte diese Entscheidung nicht in allen Punkten. Mit Blick auf die Unterschrift waren die Rostocker Richterinnen und Richter allerdings auch der Ansicht, dass die Berufsbezeichnung notwendig ist. Es sei im Geschäftsverkehr üblich, dass Anwälte sich in ihren Schreiben als solche identifizierten. Dass das Zeugnis die Privatanschrift der Anwältin enthielt, sei allerdings unproblematisch. Ihre Befürchtung, ein potenzieller Arbeitgeber könnte aus der Adresse sofort auf eine Übersendung per Post und daraus auf ein Ausscheiden im Streit schließen, konnte das LAG nicht nachvollziehen.
Das LAG nutzte die Gelegenheit, für das Falten von Zeugnissen Regeln aufzustellen: Entsprechend einer BAG-Entscheidung von 1999 dürfe das Zeugnis gefaltet werden, wenn es "kopierfähig" bleibe. Konkret bedeute das: "Dem Arbeitnehmer muss es möglich sein, mit einem handelsüblichen Gerät mittlerer Art und Güte eine Abschrift in Papier- oder Dateiform herzustellen, ohne dass Schwärzungen im Bereich der Falzungen sich störend abzeichnen und den optischen Gesamteindruck schmälern." Der Ausdruck in der Gerichtsakte enthalte solche Schwärzungen jedenfalls nicht, gab das LAG den Parteien mit auf den Weg.