Ende der Legislaturperiode: Kein Grund für betriebsbedingte Kündigung eines Fraktionsmitarbeiters

Die betriebsbedingte Kündigung eines Mitarbeiters der AfD-Fraktion im bayerischen Landtag zum Ende der Legislaturperiode ist unwirksam. Dass die bisherige Fraktion durch eine neue ersetzt werde, rechtfertige die Kündigung nicht, so das LAG München.

Der Mann war seit 2019 unbefristet bei der Fraktion als Mitarbeiter bzw. Referent für die Bereiche Bildung und Fragen des öffentlichen Dienstes beschäftigt. Im September 2023 erhielt er eine ordentliche Kündigung, die auf den 31. Oktober 2023 datiert war. Begründet wurde dieser Schritt damit, dass sich die Fraktion mit dem Beginn der neuen Legislaturperiode ab dem 18. Oktober 2023 auflöst (Grundsatz der Diskontinuität).

Die Arbeitgeberin meinte, die Rechtslage sei bei inhaltlich gestaltend mitwirkenden Mitarbeitern in Presse und Medienanstalten oder bei kirchlichen Tendenzbetrieben vergleichbar. Der Arbeitsplatz sei ersatzlos und dauerhaft weggefallen, da die bisherige Fraktion des bayerischen Landtags der 18. Legislaturperiode und deren Stellen nicht mehr existierten.

ArbG: Beschäftigungsbedarf weiter gegeben

Der Mitarbeiter klagte und bekam Recht. Das ArbG führte aus, es lasse sich nicht prognostizieren, dass der Beschäftigungsbedarf des Mannes dauerhaft entfalle. Die Mitgliederzahl der neuen Fraktion sei von 17 auf 32 gestiegen und der Bedarf an Arbeitskräften mindestens so groß wie vorher. Dementsprechend seien Stellenanzeigen geschaltet und die bisherigen Mitarbeiter aufgefordert worden, sich neu zu bewerben.

Zwar müsse eine Fraktion nach ihrer Neukonstituierung jeweils entscheiden können, von welchen wissenschaftlichen Mitarbeitern sie sich künftig beraten und in ihrer parlamentarischen Arbeit unterstützen lassen wolle. Diesem verfassungsrechtlich verbürgten parlamentarischen Teilhaberecht sei aber durch die anerkannte Möglichkeit einer Befristung der Arbeitsverhältnisse eines wissenschaftlichen Mitarbeiters ausreichend Rechnung getragen, so das ArbG unter Verweis auf die BAG-Rechtsprechung von 1998.

Auch ein Kündigungsgrund für die alte Fraktion bestehe aufgrund des Grundsatzes der Diskontinuität nicht. Allenfalls könne dieser zur Möglichkeit einer personenbedingten Kündigung für die neugebildete Fraktion führen, wenn der Kläger ihren sachlichen und politischen Vorstellungen nicht entspreche und sie ihn für persönlich ungeeignet halte, um sie bei ihrer politischen Tätigkeit weiter zu unterstützen.

LAG: Abgemildertes Diskontinuitätsprinzip

Das LAG München hat die Entscheidung der Vorinstanz im Ergebnis bestätigt. § 4 Abs. 2 S. 2 des Bayerischen Fraktionsgesetzes mildere das Prinzip der Diskontinuität ab: Hiernach gelte die Fraktion über die Dauer der Wahlperiode hinaus als fortbestehend, sofern sie sich in der folgenden Wahlperiode nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtags neu bildet (Urteil vom 26.09.2024 3 SLa 46/24).

Davon war laut LAG im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung auszugehen, sodass keine Prognose für den Wegfall des Arbeitsplatzes bestand und daher auch kein Kündigungsrecht für die bisherige Fraktion. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen für eine neu gebildete Fraktion Kündigungsmöglichkeiten in Betracht kommen könnten, habe das LAG nicht entscheiden müssen.

LAG München, Urteil vom 26.09.2024 - 3 SLa 46/24

Redaktion beck-aktuell, gk, 26. September 2024.