Zum Glück nicht getanzt: Keine Kündigung wegen Karneval-Appellen während Krankschreibung

Gleich zweimal ging ein Arbeitnehmer aus Köln trotz gelben Scheins zu einer Karnevalsveranstaltung. Drei Kündigungen waren die Folge, eine davon fristlos. Das LAG Köln hat nun alle Kündigungen kassiert. Der Arbeitgeber hätte dem Jecken mehr nachweisen müssen.

Ein Kölner Karnevalist wollte die Kündigungen seines Arbeitgebers nicht hinnehmen. Am Abend des letzten Krankheitstags galt er nicht mehr als arbeitsunfähig, und durfte daher an einem Karnevalsappell teilnehmen. Für den zweiten Karnevalsappell während eines Krankheitstages hätte der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit konkreter nachweisen müssen. Es reichte nicht aus, dass er die Angaben seines Mitarbeiters nur anzweifelte, wie das LAG Köln nun entschieden hat (Urteil vom 21.01.2025 – 7 SLa 204/24).

Ein Logistikmitarbeiter war sowohl im November 2022 als auch im Januar 2023 für je eine Woche krankgeschrieben. Am Freitagabend der ersten Krankheitswoche nahm er am "Mobilmachungsappell" seines Karnevalsvereins teil. Im Januar 2023 tauchte dann ein Video von ihm auf, indem er in voller Karnevalsmontur in einen Hotelsaal einmarschierte: Es zeigte den "Generalkorpsappell" vom Donnerstag der zweiten Krankheitswoche. Sein Arbeitgeber warf ihm daraufhin vor, nur simuliert zu haben, und kündigte ihm im Februar 2023 fristlos und im April und November jeweils ordentlich.

Dagegen wandte sich der Mitarbeiter zunächst vor dem ArbG Köln, das die Kündigungen für unwirksam erklärte. Das LAG Köln hat dem Arbeitnehmer nun ebenfalls recht gegeben. Ihm konnte nicht nachgewiesen werden, die Krankheit vorgetäuscht zu haben. Das Arbeitsverhältnis bleibt bestehen.

Attest endet, wenn letzter Feierabend beginnt

Die 7. Kammer des LAG stellte in ihrem Urteil klar, dass im Krankheitsfall grundsätzlich der Arbeitnehmer die eigene Arbeitsunfähigkeit beweisen müsse. Ein ärztliches Attest habe dafür einen besonders hohen Beweiswert. Sobald ein Arbeitgeber das Attest anzweifele, könne er sich nur auf zweierlei berufen. Entweder darauf, dass der Arbeitnehmer die Krankheit nur simuliert habe, oder darauf, dass der Arzt die Arbeitsunfähigkeit nicht richtig erkannt habe. Das wiederum müsse der Arbeitgeber dann aber näher darlegen und notfalls beweisen.

Daher war genau zwischen den beiden verschiedenen Karnevalsveranstaltungen zu unterscheiden. Der "Mobilmachungsappell" fand am Abend des letzten Tags einer Krankschreibung statt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Arbeitsunfähigkeit bereits beendet gewesen, so das LAG. Der Arbeitnehmer sei an diesem Abend auch nicht sonst wie zur Arbeit verpflichtet gewesen. Eine abendliche Veranstaltung habe das Attest damit von vornherein nicht erschüttern können. So jedenfalls bei einem Atemwegsinfekt.

Nur sekundäre Darlegungslast

Der "Generalkorpsappell" in voller Montur fiel allerdings auf einen Donnerstagabend, und damit in den Krankheitszeitraum. Das erschüttere das Attest dann doch, so das LAG. In der Folge hätte es nun wieder am Arbeitnehmer gelegen, die eigene Arbeitsunfähigkeit in dem jeweiligen Zeitraum vorzutragen. Dafür trage er eine sekundäre Darlegungslast. Er müsse also noch keinen Vollbeweis liefern, aber immerhin Hinweise zu den Fragen liefern, welche Krankheiten vorgelegen haben und wie diese seine Gesundheit beeinträchtigt hätten. Ferner, welche Verhaltensmaßregeln der Arzt vorgegeben habe und welche Medikamente verordnet worden seien. Gegebenenfalls müsse er dafür den Arzt auch von seiner Schweigepflicht entbinden.

Der Arbeitnehmer hatte dem LAG erklärt, dass es sich bei den Appellen nicht um Karnevalsveranstaltungen im eigentlichen Sinne gehandelt habe, sondern eher um organisatorische Veranstaltungen – ähnlich einer Mitgliederversammlung in einem Verein. Er sei außerdem nur für anderthalb bis zwei Stunden anwesend gewesen, um seine Belastungsfähigkeit zu testen. Nach einer Stunde habe er sich abholen lassen, um eine Neuerkrankung zu vermeiden. Es mache für ihn einen Unterschied, ob man für bis zu zwei Stunden an einer organisatorischen Veranstaltung teilnehme oder für sieben bis acht Stunden konzentriert am Arbeitsplatz sei. Auch seinen Arzt hatte er von der Schweigepflicht entbunden. Dieser hatte dem Gericht mitgeteilt, dass der Atemwegsinfekt schon weitestgehend abgeklungen und durch die Teilnahme nicht verschlimmert worden war.

Diese Auskünfte genügten der Kammer. In der Folge wäre es daher wieder Sache des Arbeitgebers gewesen, eine Simulation darzulegen und zu beweisen. Das gelinge beispielsweise dann, wenn der Arbeitnehmer wegen eines Bandscheibenvorfalls krankgeschrieben sei, dann aber beim Tanz auf der Karnevalsbühne gesichtet werde. Stattdessen habe der Arbeitgeber aber nur die Behauptungen des Arbeitnehmers angezweifelt, ohne noch etwas Eigenes vorzutragen. Das reiche nicht aus, zumal die Grenze der Arbeitsunfähigkeit zur Arbeitsfähigkeit bei einer Erkältung fließend und subjektiv sei.

LAG Köln, Urteil vom 21.01.2025 - 7 SLa 204/24

Redaktion beck-aktuell, tbh, 15. April 2025.

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