Ein Fahrkartenkontrolleur, der während seiner Arbeitszeit anderen Beschäftigungen nachging, durfte fristlos gekündigt werden. Das LAG Köln hat zudem entschieden, dass sein Arbeitgeber für die Aufklärung einen Privatdetektiv beauftragen durfte. Die Kosten hat nun der Ex-Arbeitnehmer zu tragen (Urteil vom 11.02.2025 – 7 Sa 635/23).
Im Juni 2022 berichteten Sicherheitsbedienstete einem Verkehrsbetrieb, dass es einer der Fahrkartenkontrolleure mit den Arbeitszeiten wohl nicht so genau nehme. Der Betrieb ging der Sache nach und beauftragte dafür einen Privatdetektiv. An fünf Tagen beschattete er den Kontrolleur und stellte dabei bereits mehrere Arbeitszeitverstöße fest. Nachdem sich der Verdacht somit bestätigt hatte, sorgte der Arbeitgeber anschließend für eine Dauerbeschattung von zwei Wochen. Und auch hier zeigte sich: Der Kontrolleur verbrachte große Teile seiner Arbeitszeit bei seiner Freundin, in Bäckereien und Cafés, beim Friseur oder in der Moschee. Auch private Fotoshootings am Rheinufer gehörten dazu. Über den gesamten Zeitraum sollten ihm demnach 25 Stunden und 54 Minuten nicht verrichteter Arbeit bezahlt worden sein.
Nach einer Anhörung durch den Betriebsrat zeigte sich der Kontrolleur nicht einsichtig. Das Zeiterfassungssystem habe nicht funktioniert, außerdem sei nicht bewiesen, dass er die Bäckereien und Cafés nicht für Arbeitsbesprechungen aufgesucht habe. Den Arbeitgeber überzeugte das nicht und er sprach eine außerordentliche fristlose Kündigung aus. Der Mann klagte hiergegen vor dem ArbG Köln und verlangte zudem ein wohlwollendes Arbeitszeugnis. Der Arbeitgeber entgegnete mit einer Widerklage: Nicht nur sei die Kündigung wirksam gewesen, der Ex-Arbeitnehmer sollte außerdem für die Detektivkosten in Höhe von 21.608,90 Euro aufkommen.
Das ArbG Köln gab dem Arbeitgeber recht, das LAG Köln hat diese Entscheidung nun bestätigt.
Arbeitszeitbetrug ist Kündigungsgrund
Das LAG führte aus, dass es für eine fristlose Kündigung einen Grund brauche, der nicht nur allgemein, sondern auch im Einzelfall schwer genug wiege, um ein sofortiges Ende des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen.
Ein Arbeitszeitbetrug laste typischerweise schwer auf dem Arbeitsverhältnis. Das gelte sowohl für den Missbrauch einer Stempeluhr als auch für das Ausstellen falscher Formulare. Ein Arbeitgeber müsse auf die korrekte Dokumentation der Arbeitszeit vertrauen können. Trage der Arbeitnehmer die Zeiten wissentlich falsch ein, verletze er in aller Regel seine Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber dem Arbeitgeber.
Auch im konkreten Fall wiege der Vertrauensbruch schwer. Das vorinstanzliche Arbeitsgericht habe zutreffend festgestellt, dass der Kläger während der Arbeitszeit privaten Tätigkeiten nachgegangen sei. So etwa am 9. Dezember 2022, als er "um 15:58 Uhr aus dem Haus seiner Freundin" gekommen sei. Es sei "auszuschließen, dass er in der Wohnung seiner Freundin Fahrkarten kontrolliert hat", stellte das Gericht klar.
Konkrete Probleme bei der Zeiterfassung, wie vom Arbeitnehmer behauptet, seien nicht zu erkennen gewesen. Er habe nicht einmal vorgebracht, dass er die Zeit in der Wohnung seiner Freundin als Pausenzeit erfassen wollte.
Detektivhonorar als Schadensersatz
Der Arbeitnehmer wollte auch die Überwachung per Privatdetektiv nicht zahlen, die er für rechtswidrig hielt. Er berief sich dabei auf die DS-GVO und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und damit auf ein Beweisverwertungsverbot. Dem erteilte das LAG jedoch ebenfalls eine Absage.
Der Einsatz eines Privatdetektivs sei nach § 26 BDSG (Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) zulässig. Selbst wenn nicht, bestehe auch kein Beweisverwertungsverbot. Der Privatdetektiv habe beobachtet, fotografiert, dokumentiert und einen GPS-Sender an das Dienstfahrzeug des Arbeitnehmers angebracht. Das sei – so das LAG – in der Tat ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieser sei aber von geringer Intensität, da er nur zu Schichtzeiten, über wenige Tage und im öffentlichen Verkehrsraum überwacht worden sei. Es sei damit praktisch nur dokumentiert worden, was jeder beliebige Passant ebenfalls hätte wahrnehmen können. Eine "Orwell’sche Überwachung" – wie der Kontrolleur behauptet hatte – sei das mitnichten gewesen.
Nach der Rechtsprechung des BAG habe der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Detektivkosten zu ersetzen, wenn es einen konkreten Tatverdacht gegeben habe und er am Ende überführt werde. Damit seien die Kosten keine vom Arbeitgeber zu tragenden Vorsorgekosten, sondern regulärer Schadensersatz im Sinne des § 249 BGB. Durch die Hinweisgespräche mit der angestellten Sicherheitsfirma habe sich hier ein begründeter Verdacht ergeben und letztlich sei der Kontrolleur auch überführt worden.