Kündigungsschutz für Ex-Geschäftsführer

Ein abberufener Geschäftsführer kann sich auf den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG berufen, wenn seine Organstellung im Zeitpunkt des Kündigungszugangs bereits beendet war. Das hat das LAG Hessen entschieden und sich damit für einen vollen Kündigungsschutz ausgesprochen.

Das LAG Hessen gab der Kündigungsschutzklage des Ex-Geschäftsführers größtenteils statt (Urteil vom 28.02.2025 – 14 SLa 578/24). Für den Ausschluss des Kündigungsschutzes nach § 14 Abs.1 Nr.1 KSchG (Angestellte in leitender Stellung) komme es entscheidend auf den Zeitpunkt des Kündigungszugangs an. Da der Betroffene zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft gewesen sei, genieße er grundsätzlich vollen Kündigungsschutz. Dass der zugrunde liegende Vertrag ursprünglich mit einer Geschäftsführerstellung verbunden war, ändere daran nichts.

Denn die Arbeitgeberin hatte die Geschäftsführerstellung widerrufen; sodann war ein Nachfolger ins Handelsregister eingetragen worden. Der abberufene Geschäftsführer wurde sodann im Organigramm des Unternehmens als seinem Nachfolger unterstellter "Special Project Manager" geführt. Doch eine anderweitige vertragsgemäße Beschäftigungsmöglichkeit konnte das Unternehmen ihm in der Folge – trotz mehrwöchiger Suche – nicht anbieten und sprach stattdessen die Kündigung aus. Das nahm der 53-jährige Vater zweier unterhaltspflichtiger Kinder so nicht hin und zog vor Gericht.

ArbG lehnte allgemeinen Kündigungsschutz ab

Das ArbG Darmstadt versagte dem Mann den allgemeinen Kündigungsschutz – selbst wenn der Geschäftsführer formell als Arbeitnehmer gelten könnte. Für die Vorinstanz stand fest, dass der besondere Status eines Geschäftsführers, einschließlich hoher Vergütung und Leitungsfunktion, ihn grundsätzlich vom allgemeinen Kündigungsschutz ausnehme. Auch eine Mitbestimmung durch den Betriebsrat sei nicht erforderlich: Der Kläger sei ausschließlich als Geschäftsführer bestellt gewesen und zähle daher nicht als Arbeitnehmer nach § 102 BetrVG.

Für das ArbG machte es keinen Unterschied, dass der Mann zum Zeitpunkt der Kündigung bereits aus seinem Amt als Geschäftsführer abberufen gewesen war. Es sei nach dem Gesetzeswortlaut des § 14 Abs. 1 KSchG nicht ausgeschlossen, dass sich die Fiktion uneingeschränkt auf das Anstellungsverhältnis beziehe, das schuldrechtliche Grundlage für die Organstellung ist oder gegebenenfalls auch war, solange es um die Kündigung allein dieses Vertragsverhältnisses gehe, so das Gericht.

LAG: Kein Ausschluss wegen früherer Geschäftsführerstellung

Vor dem LAG hatte der ehemalige Geschäftsführer dagegen größtenteils Erfolg. Die Frankfurter Richterinnen und Richter hielten die Kündigung mangels sozialer Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 KSchG für unwirksam, weil der Ex-Geschäftsführer allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz genieße.

Zur Begründung verwies das Gericht auf die Regelungskonzeption und den Zweck des § 14 KSchG: Der Ausschluss des Kündigungsschutzes solle demnach gerade nur diejenigen Personen treffen, die im Kündigungszeitpunkt tatsächlich Arbeitgeberfunktionen ausübten – also aktiv die juristische Person vertreten. Das sei bei einem ehemaligen Geschäftsführer aber gerade nicht der Fall. Dieser sei rechtlich ins Lager der Arbeitnehmer zurückgekehrt, so das Gericht.

Das LAG hat die Revision zugelassen. Die Frage, ob und wann ehemalige Organvertreter Kündigungsschutz genießen, sei höchstrichterlich nicht abschließend geklärt und habe grundsätzliche Bedeutung.

LAG Hessen, Urteil vom 28.02.2025 - 14 SLa 578/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 23. April 2025.

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