LAG Hamm zu Rechts­miss­brauch: Kri­te­ri­en für Que­ru­lan­ten
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Sind An­trä­ge nicht nur sub­stanz­los und of­fen­sicht­lich aus­sichts­los, son­dern wer­den einem Mus­ter fol­gend ent­schie­de­ne Fra­gen immer wie­der auf­ge­wor­fen, so müs­sen Ge­rich­te diese nicht mehr förm­lich be­schei­den. Das LAG Hamm nann­te Kri­te­ri­en für die Ein­stu­fung als rechts­miss­bräuch­lich.

Ein ge­richts­be­kann­ter Que­ru­lant (der be­reits neben dem VG Wies­ba­den di­ver­se Ge­rich­te bun­des­weit be­schäf­tigt hatte) hatte im Zu­sam­men­hang mit einem ar­beits­recht­li­chen Ver­fah­ren mehr­fach An­trä­ge und Kla­gen gegen die­sel­ben Par­tei­en an ver­schie­de­nen Ge­rich­ten im Ruhr­ge­biet ein­ge­reicht. Dabei ent­hiel­ten die Schrift­stü­cke zahl­rei­che, über­wie­gend zu­sam­men­hangs­lo­se recht­li­che Zi­ta­te, Fund­stel­len und An­ga­ben. Das LAG Hamm gab sei­nem Er­su­chen auf Be­stim­mung des ört­lich zu­stän­di­gen Ar­beits­ge­richts einen Korb.

Die west­fä­li­schen Rich­te­rin­nen und Rich­ter ver­war­fen den An­trag des Man­nes auf Be­stim­mung des ört­lich zu­stän­di­gen Ar­beits­ge­richts nach §§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO als rechts­miss­bräuch­lich (Be­schluss vom 30.08.2024 – 1 SHa 16/24). Dabei hielt die Kam­mer fest, dass Ge­rich­te grund­sätz­lich alle An­trä­ge be­schei­den müss­ten. Etwas an­de­res gelte in Aus­nah­me­fäl­len dann, wenn einem Mus­ter fol­gend be­reits ge­klär­te Fra­gen immer wie­der neu, ohne er­kenn­ba­res In­ter­es­se an der Sache, auf­ge­wor­fen wür­den.

Dabei legte das Ge­richt – Bezug neh­mend auf einen Be­schluss des VG Wies­ba­den ge­gen­über dem An­trag­stel­ler – ins­be­son­de­re dar, nach wel­chen Kri­te­ri­en das Pro­zess- und Ein­ga­be­ver­hal­ten des Manns als rechts­miss­bräuch­lich ge­wer­tet wer­den könne. Im Kern gehe es um eine Pro­zess­füh­rung, die kein In­ter­es­se an der Sache zeige, aber für die Geg­ner und Ge­rich­te mög­lichst viel Auf­wand und Kos­ten ver­ur­sa­chen solle. Daher werde auf vor­ge­richt­li­che Aus­ein­an­der­set­zun­gen ver­zich­tet. Stän­dig wür­den "Ne­ben­kriegs­schau­plät­ze" auf­ge­macht, indem An­trä­ge zur PKH, Be­fan­gen­heits­an­trä­ge und Dienst­auf­sichts­be­schwer­den ge­stellt wür­den und gegen pro­zess­lei­ten­de Ver­fü­gun­gen die Ver­wal­tungs­ge­rich­te an­ge­ru­fen wür­den. Er per­ver­tie­re als "In­ten­siv­pe­tent" den Sinn des be­son­de­ren elek­tro­ni­schen Bür­ger- und Or­ga­ni­sa­tio­nen-Post­fachs (eBO) durch mas­sen­haf­te Ein­ga­ben. Ein Ele­ment sei auch die ver­such­te Ein­schüch­te­rung von Jus­tiz­be­diens­te­ten.

Schutz vor Pro­zess­kos­ten

Das Ver­hal­ten des Man­nes, mit dem er die west­fä­li­schen Ar­beits­ge­rich­te und nun auch das LAG über­zo­gen habe, stell­te für das Ge­richt die Fort­set­zung sei­ner be­reits vom VG "ein­drucks­voll" fest­ge­stell­ten rechts­miss­bräuch­li­chen In­an­spruch­nah­me jus­ti­zi­el­ler Ar­beits­ka­pa­zi­tä­ten dar. Dem Ge­richt fehl­te es auch hier an einem Min­dest­maß an Rechts­ver­fol­gungs­in­ter­es­se. Of­fen­sicht­lich gehe es dem Klä­ger aus­schlie­ß­lich darum, ge­richt­li­che Ar­beits­ka­pa­zi­tä­ten un­ver­hält­nis­mä­ßig zu be­an­spru­chen und da­durch die Er­fül­lung jus­ti­zi­el­ler Auf­ga­ben zu be­hin­dern. Die Kam­mer kün­dig­te ihm an, künf­ti­ge Ein­ga­ben nur noch form­los zu prü­fen und im Zwei­fel die Ge­gen­sei­te nicht mehr an­zu­hö­ren. Im Ar­beits­recht müsse man in­so­weit be­rück­sich­ti­gen, dass nach § 12a Abs. 1 ArbGG der Mann die mög­li­cher­wei­se auf der Ge­gen­sei­te ver­ur­sach­ten An­walts­kos­ten nicht tra­gen müsse.

LAG Hamm, Beschluss vom 30.08.2024 - 1 SHa 16/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 9. September 2024.

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