LAG Düsseldorf versagt Betriebsrat wegen unzulässiger Begünstigung Anspruch auf Vergütungsnachzahlung

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 17.04.2019 die Klage eines freigestellten Betriebsratsvorsitzenden auf Vergütungsnachzahlung nach einer Entgeltrückstufung abgewiesen, da dieser unzulässig wegen seiner Betriebsratstätigkeit begünstigt worden sei. Die höhere Eingruppierung habe weder der betriebsüblichen noch der persönlichen Entwicklung des Betriebsratsvorsitzenden entsprochen, nachdem er sich in der vorangehenden Entgeltgruppe nicht bewährt habe. Das LAG hat die Revision zugelassen (Az.: 7 Sa 1065/18).

Kläger erreichte 2013 Entgeltgruppe 13

Der Kläger und heutige Betriebsratsvorsitzende war seit dem 01.09.1994 bei der Arbeitgeberin, zunächst als Kfz-Mechaniker mit der Fachrichtung PKW-Instandhaltung beschäftigt. Über mehrere Berufsentwicklungsstufen erreichte er 2012 die Entgeltgruppe (EG) 11. Mit Wirkung zum 01.03.2013 wurde ihm die Aufgabe als Abteilungsleiter Fahrzeugtechnik Kraftfahrzeuge (FK-U) übertragen. Zu diesem Zeitpunkt legte er sein damaliges Amt als stellvertretender Betriebsratsvorsitzender unter gleichzeitigem Verzicht auf seine Freistellung nieder. Ob er auch sein Betriebsratsamt niederlegte, ist streitig. In dem abgeschlossenen Änderungsvertrag wurde festgelegt, dass er bis zum 31.12.2013 nach EG 13 und ab dem 01.01.2014 nach EG 14 vergütet werden sollte.

Nach Abmahnung rückwirkend Tätigkeit nach EG 11 vereinbart

Am 15.11.2013 schlossen der Kläger und die Arbeitgeberin eine Änderungsvereinbarung, wonach er rückwirkend ab dem 11.11.2013 eine Tätigkeit in der Stabsabteilung Sicherheitsmanagement (SI) übernahm und eine Vergütung nach EG 11 erhielt. Hintergrund dieser Vereinbarung war das Ergebnis einer internen Revision, bei der festgestellt worden war, dass Mitarbeiter der Beklagten auf Anweisung des Klägers während seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter FK-U ohne Kostenübernahme Arbeiten an den Privat-Pkws von sich und seiner Ehefrau durchgeführt haben sollen. Hierfür hatte der Kläger eine Abmahnung erhalten. Den Schaden von 1.634,20 Euro hatte der heutige Betriebsratsvorsitzende reguliert und anschließend seine Tätigkeit in der Abteilung SI aufgenommen.

Als freigestellter Betriebsratsvorsitzender 2015 in EG 14 eingruppiert

Mit der Betriebsratswahl 2014 wurde er in den Betriebsrat gewählt und übernahm den Vorsitz unter vollständiger Freistellung. Am 18.03.2015 unterzeichneten der damalige Geschäftsführer und ein leitender Personalmitarbeiter einen Vermerk, wonach der Betriebsratsvorsitzende ab dem 01.04.2015 in die EG 14 eingruppiert wurde. Dies entspreche der betriebsüblichen Entwicklung. Man gehe davon aus, dass er die Vorgaben für einen Einsatz als Leiter der Abteilung Kfz-Werkstätten erfülle.

Kläger nach Überprüfung 2018 in EG 11 eingruppiert

Anfang 2018 überprüfte die Arbeitgeberin nach einer Fusion die Eingruppierung. Seit dem 01.04.2018 vergütet die Arbeitgeberin den Vorsitzenden nach EG 11. Die Zahlung der Vergütungsdifferenz von monatlich 1.673,73 Euro brutto machte der Kläger gerichtlich geltend. Die Arbeitgeberin verlangte die angebliche Überzahlung für die Zeit von Oktober 2017 bis März 2018 zurück. Sie meinte, die Vergütung gemäß EG 14 stelle eine unzulässige Begünstigung des Klägers als Betriebsratsmitglied dar (§ 78 Satz 2 BetrVG). Dem widersprach der Kläger. Er meinte, die Vergütung entspreche den vertraglichen Vereinbarungen und gebe seine betriebsübliche berufliche Entwicklung (§ 37 Abs. 4 BetrVG) zutreffend wieder. Das Arbeitsgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen.

LAG: Kläger wegen Betriebsratstätigkeit unzulässig begünstigt

Die dagegen eingelegten Berufungen hatten keinen Erfolg. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Vergütungsdifferenz. Die unzulässige Begünstigung des Klägers wegen seiner Betriebsratstätigkeit (§ 78 Satz 2 BetrVG) folge daraus, dass die Eingruppierung in EG 14 zum 01.04.2015 weder der betriebsüblichen noch der persönlichen Entwicklung des Klägers entspricht, nachdem dieser sich in der EG 13 nicht bewährt hatte.

Keine Anhaltspunkte für kurzfristigen Aufstieg in EG 14 nach Verfehlung

Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger bereits anderthalb Jahre, nachdem er sich aufgrund seiner Verfehlung mit einer Tätigkeit nach EG 11 einverstanden erklärt und diese auch ausgeübt hatte, in die EG 14 aufsteigt. Für diese Entgeltgruppe setze der Tarifvertrag eine Tätigkeit voraus, dies sich durch das Maß an Verantwortung erheblich aus EG 13 heraushebe. Auf den einzigen von ihm benannten vergleichbaren Mitarbeiter, der EG 15 erhalte, könne der Kläger sich für die betriebsübliche Entwicklung nicht berufen, denn es handle sich ebenfalls um ein Betriebsratsmitglied. Die angebliche Zusage des damaligen Geschäftsführers zur Dauer der Tätigkeit als Sachbearbeiter sei weder inhaltlich noch zeitlich hinreichend bestimmt. Zu berücksichtigen sei weiter, dass von 2.500 Mitarbeitern nur zwölf in der EG 14 sind.

Beklagte kann überzahlte Vergütung nicht zurückfordern

Das LAG verneint auch einen Rückzahlungsanspruch der Beklagten. Weil die Beklagte mit der Zahlung ebenfalls gegen das Begünstigungsverbot verstoßen habe, könne sie die Vergütung für die Vergangenheit nicht zurückfordern (§ 817 Satz 2 BGB). 

LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2019 - 7 Sa 1065/18

Redaktion beck-aktuell, 18. April 2019.

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