Flugkapitän unwirksam gekündigt

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die betriebsbedingte Kündigung eines Flugkapitäns wegen Flottenreduzierung für unwirksam erachtet. Die Sozialauswahl sei fehlerhaft gewesen. Die Fluggesellschaft habe zu Unrecht alle Stationen bundesweit einbezogen. Denn aufgrund des vereinbarten "dienstlichen Wohnsitzes" ohne ausdrücklichen Versetzungsvorbehalt habe sich die Vergleichbarkeit der zu Kündigenden auf die Station des Kapitäns beschränkt. Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Flugkapitän wegen Flottenreduzierung gekündigt

Der Kläger war seit dem 01.11.1999 bei der beklagten Fluggesellschaft beschäftigt, zuletzt als Kapitän. Am 05.03.2021 schlossen die Beklagte und die Gesamtvertretung Bordpersonal einen Interessenausgleich. Zu der geplanten Betriebsänderung hieß es dort, dass die Beklagte ihre Flotte auf 22 Flugzeuge reduzieren und sechs ihrer derzeit unterhaltenen Stationen vollständig und dauerhaft schließen werde. Weiter hieß es, dadurch sei im Bereich des Cockpit- und Kabinenpersonals die Beschäftigtenzahl anzupassen. Dabei dürfe die tariflich vereinbarte Zahl von 370 Cockpitmitarbeitenden nicht unterschritten werden. Der tatsächliche Bedarf an Cockpitpersonal liege - so der Vortrag der Beklagten - aufgrund der Betriebsänderung sogar nur noch bei 340. Mit Schreiben vom 27.03.2021 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich betriebsbedingt zum 31.12.2021. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage. Unter anderem beanstandete er, dass die Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Die Beklagte hingegen meinte, sie habe die Sozialauswahl zutreffend einheitlich und bundesweit bezogen auf alle Stationen durchgeführt.

LAG: Kündigung wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam

Das LAG hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Kündigung sei jedenfalls aufgrund einer fehlerhaften Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt und deshalb rechtsunwirksam gewesen. Die Beklagte habe die Sozialauswahl nicht bundeseinheitlich vornehmen dürfen. Diese sei nur innerhalb der Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchzuführen. Diese Gruppe werde durch die arbeitsvertraglich vorgesehene Versetzbarkeit begrenzt. In einer Vielzahl von Arbeitsverträgen habe die Beklagte mit dem Cockpitpersonal einen "dienstlichen Wohnsitz" vereinbart, ohne sich die Versetzung an einen anderen Ort ausdrücklich vorzubehalten. Auch der Arbeitsvertrag des Klägers enthalte die Vereinbarung eines "dienstlichen Wohnsitzes", nämlich den Ort seiner Station. Im Übrigen habe es in dem Arbeitsvertrag lediglich geheißen, dass die Beklagte sich für die Zeit der Einarbeitung die Versetzung an einen anderen Ort vorbehalte. Bei dieser vertraglichen Situation habe die Beklagte den Kläger nach der Einarbeitung nicht an eine andere Station versetzen dürfen. Die Vergleichbarkeit der zu Kündigenden sei mithin auf die Station begrenzt gewesen. Das LAG hat zur Klärung der Frage, ob Flugkapitäninnen und Flugkapitäne versetzbar sind, wenn im Arbeitsvertrag ohne ausdrücklichen Versetzungsvorbehalt ein "dienstlicher Wohnsitz" vereinbart ist, die Revision zugelassen.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 08.06.2022 - 6 Sa 1118/21

Redaktion beck-aktuell, 14. Juni 2022.