Co­ro­na-An­hus­ter kann Kün­di­gung recht­fer­ti­gen

Wer be­wusst einen Kol­le­gen aus nächs­ter Nähe an­hus­tet und äu­ßert, er hoffe, dass die­ser Co­ro­na be­kom­me, ver­letzt in er­heb­li­cher Weise die dem Ar­beits­ver­hält­nis in­ne­woh­nen­de Rück­sicht­nah­me­pflicht ge­gen­über dem Kol­le­gen und ris­kiert eine frist­lo­se Kün­di­gung. Dies hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Düs­sel­dorf ent­schie­den. Im kon­kre­ten Fall al­ler­dings hatte der Ar­beit­ge­ber ein ent­spre­chen­des Ver­hal­ten des Ge­kün­dig­ten nicht nach­wei­sen kön­nen, wes­we­gen die Kün­di­gungs­schutz­kla­ge des be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mers er­folg­reich war.

Ar­beit­ge­ber ak­ti­viert Pan­de­mie­plan

Der Klä­ger war seit dem 01.08.2015 zu­nächst als Aus­zu­bil­den­der und seit dem 17.01.2019 als Jung­zer­span­nungs­me­cha­ni­ker bei der Be­klag­ten be­schäf­tigt. Er ist Mit­glied der Ju­gend- und Aus­zu­bil­den­den­ver­tre­tung. Am 11.03.2020 ak­ti­vier­te der Ar­beit­ge­ber im Hin­blick auf das Auf­tre­ten des Co­ro­na­vi­rus sei­nen in­ter­nen Pan­de­mie­plan. Zu den Maß­nah­men zähl­ten unter an­de­rem die Auf­for­de­rung, Ab­stand zu­ein­an­der zu hal­ten, Hy­gie­ne­maß­nah­men sowie das Be­de­cken von Mund und Nase beim Hus­ten oder Nie­sen mit einem Pa­pier­ta­schen­tuch oder Ärmel als Ver­hal­tens­re­gel. Die Be­leg­schaft wurde in ver­schie­de­nen E-Mails und einer Ab­tei­lungs­ver­samm­lung in­for­miert; die Ver­hal­tens- und Hy­gie­ne­re­geln wur­den zudem auf Zet­teln im Be­trieb ver­teilt.

Frist­lo­se Kün­di­gung wegen Miss­ach­tung der Hy­gie­ne­maß­nah­men

Nach Zu­stim­mung des Be­triebs­rats kün­dig­te der Ar­beit­ge­ber dem Klä­ger am 03.04.2020 au­ßer­or­dent­lich frist­los. Ihm wurde vor­ge­wor­fen, sich mehr­fach nicht an die wegen der Co­ro­na-Pan­de­mie er­grif­fe­nen Hy­gie­ne­maß­nah­men sowie an die Si­cher­heits­ab­stän­de ge­hal­ten zu haben. Er habe dem Ar­beit­ge­ber in Ge­sprä­chen si­gna­li­siert, dass er die Maß­nah­men "nicht ernst nehme" und diese nicht ein­hal­ten werde. So habe er einen Mit­ar­bei­ter gegen sei­nen Wil­len am Arm an­ge­fasst und am 17.03.2020 schlie­ß­lich einen Kol­le­gen vor­sätz­lich und ohne jeg­li­che Bar­rie­re aus einem Ab­stand von einer hal­ben bis ma­xi­mal einer Arm­län­ge an­ge­hus­tet. Sinn­ge­mäß habe der Klä­ger ge­sagt, er hoffe, dass der Kol­le­ge Co­ro­na be­kom­me. 

Klä­ger ver­tei­digt sich mit aku­tem Hus­ten­reiz

Der Klä­ger ver­tei­dig­te sich im Rah­men der Kün­di­gungs­schutz­kla­ge damit, er habe an­de­re Per­so­nen kei­nen In­fek­ti­ons­ge­fah­ren aus­ge­setzt und, so­weit es ihm mög­lich ge­we­sen sei, die Si­cher­heits­ab­stän­de und Hus­ten-Eti­ket­te ein­ge­hal­ten. Am 17.03.2020 habe er einen Hus­ten­reiz ver­spürt und des­halb spon­tan hus­ten müs­sen. Dabei habe er aus­rei­chen­den Ab­stand zum Kol­le­gen ge­habt. Als der an­de­re Kol­le­ge sich be­läs­tigt ge­fühlt und dies ge­äu­ßert habe, habe er ent­geg­net, der Kol­le­ge möge "chil­len, er würde schon kein Co­ro­na be­kom­men".

Klage er­folg­reich

Das LAG Düs­sel­dorf gab der Klage nach der Ver­neh­mung meh­re­rer Zeu­gen statt, weil die durch­ge­führ­te Be­weis­auf­nah­me zu­las­ten des be­klag­ten Ar­beit­ge­bers aus­ge­gan­gen sei. Die Be­weis­auf­nah­me sei in­so­weit not­wen­dig ge­we­sen, weil die vom Ar­beit­ge­ber be­haup­te­te Ver­si­on des Sach­ver­halts eine frist­lo­se Kün­di­gung hätte recht­fer­ti­gen kön­nen. Eine Ab­mah­nung hätte hier nicht aus­ge­reicht, so das LAG. Der Ar­beit­ge­ber habe aber den von ihm be­haup­te­ten Sach­ver­halt nicht nach­wei­sen kön­nen. Des­we­gen sei die Kün­di­gungs­schutz­kla­ge er­folg­reich ge­we­sen. Das LAG hat die Re­vi­si­on nicht zu­ge­las­sen.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2021 - 3 Sa 646/20

Redaktion beck-aktuell, 28. April 2021.