Außendienstmitarbeiter zu Unrecht wegen kurzen Aufenthalten zu Hause fristlos gekündigt

Einem Außendienstmitarbeiter durfte nicht deswegen fristlos gekündigt werden, weil er mit seinem Dienstfahrzeug, das er nicht privat nutzen durfte, seine Wohnung mehrmals unter kurzen Umwegen für eine kurze Zeitspanne aufgesucht hatte. Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 18.12.2020 entschieden. Dem habe entgegengestanden, dass der Mit­ar­bei­ter 35 Jahre un­be­an­stan­det für seine Ar­beit­ge­be­rin tätig war.

Dienstfahrzeug mit Privatnutzungsverbot zur Verfügung gestellt

Der Kläger ist seit 1984 als Energieanlagenelektroniker im Außendienst im Bereich der Stromzählermontage bei der Beklagten, einem Netzbetreiber, beschäftigt. Er ist aufgrund tariflicher Vorschriften ordentlich unkündbar. Für seine Tätigkeit hatte die Beklagte dem Kläger ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt, dessen private Nutzung sie untersagt hatte. Ursprünglich wurden die Fahrten ausschließlich in einem Papierfahrtenbuch durch den Kläger eingetragen.

Fristlose Kündigung wegen unberechtigter Privatnutzung

Im Jahr 2019 rüstete die Beklagte ihre Fahrzeuge flächendeckend auf ein elektronisches Fahrtenbuch um. Über eine sogenannte Log-box wurden die Informationen auf eine Webplattform des Anbieters übermittelt. In einer Übergangsphase wurden Papier- und elektronisches Fahrtenbuch parallel genutzt. Aufgrund der Auswertungen des elektronischen Fahrtenbuches wirft die Beklagte dem Kläger die unberechtigte Privatnutzung des Dienstfahrzeuges und daraus folgend einen Arbeitszeitbetrug vor. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 20.11.2019 fristlos.

Standzeiten nachvollziehbar begründet

Die vom Kläger dagegen erhobene Kündigungsschutzklage hatte vor dem LAG ebenso wie zuvor beim Arbeitsgericht Wuppertal Erfolg. Soweit die Beklagte dem Kläger überzogene Pausen aufgrund von Standzeiten des Fahrzeugs nach der Pausenzeit vorgeworfen hat, habe sie schon keinen Kündigungsgrund nachweisen können, so das LAG. Der Kläger habe dies damit erklärt, dass er in dieser Zeit vorbereitend die Schrauben der Zählerplatten für die Montage nachgezogen hatte. Dass diese lose und nachzuziehen waren, hat die Beklagte eingeräumt. Wenn dies entgegen der Anweisung der Beklagten nicht vor Ort beim Kunden geschehen sein sollte, rechtfertige dies keine fristlose Kündigung.

Lange beanstandungslose Beschäftigungszeit 

Soweit der Kläger unstreitig mit dem Dienstfahrzeug seine Wohnung aufgesucht hatte, konnte nach Ansicht des LAG offenbleiben, ob ihm dies ein Vorgesetzter aufgrund einer Erkrankung für Toilettengänge gestattet hatte. Es habe sich um Fälle gehandelt, bei denen der Kläger zwar nicht direkt, aber jeweils nur mit einem sehr kurzen Umweg an seinem Haus vorbeigefahren sei. Angesichts der langen beanstandungsfreien Beschäftigungszeit und des zeitlich begrenzten Aufenthalts zu Hause sei die Interessenabwägung zulasten der Beklagten ausgefallen. Entsprechendes gelte für den Vorwurf, der Kläger habe während der Arbeitszeit einige Male einen Freund besucht.

Normales tägliches Arbeitspensum erledigt

Zu berücksichtigen sei unter anderem gewesen, dass der Kläger sein normales tägliches Arbeitspensum jeweils erledigt hatte. Soweit er sich laut der Aufzeichnung im elektronischen Fahrtenbuch einmal zwei Stunden zu Hause aufgehalten haben soll, habe die Beklagte dem Betriebsrat dies nicht mitgeteilt, sodass die Kündigung darauf nicht gestützt werden konnte. Das LAG hat die Revision nicht zugelassen.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2020 - 6 Sa 522/20

Redaktion beck-aktuell, 21. Dezember 2020.