Arbeitgeberin kritisierte Ort der Präsenzschulung
Bei der Arbeitgeberin, der Luftverkehrsgesellschaft, ist die Personalvertretung Kabine gebildet, für deren Rechte die Regelungen des Betriebsverfassungsrechts entsprechend gelten. Die Personalvertretung Kabine wollte ihre beiden Mitglieder ursprünglich zu der Präsenzschulung "Betriebsverfassungsrecht Teil 1" in Binz/Rügen entsenden. Die Arbeitgeberin schlug aus Kostengründen ortsnähere Seminarorte oder – im gewählten Zeitraum – ein Webinar vor. Daraufhin beschloss die Mitarbeitervertretung die beiden Mitglieder für die Zeit vom 24.08.2021 bis zum 27.08.2021 zur Schulung "Betriebsverfassungsrecht Teil 1" in Potsdam zu entsenden. Es fielen für beide Teilnehmer zusammen 1.818,32 Euro brutto für die Schulung und weitere 1.319,26 Euro brutto an Übernachtungs- und Verpflegungskosten an. Die beiden Arbeitnehmer reisten per Flugzeug nach Berlin auf nicht von Kunden gebuchten Plätzen mit Flügen der Arbeitgeberin.
Arbeitgeber muss Kosten für Betriebsratsmitglied grundsätzlich übernehmen
Die Arbeitgeberin verweigerte die Übernahme der Schulungs-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten. In der Beschwerde streiten die Beteiligten zuletzt nur noch über die Übernachtungs- und Verpflegungskosten. Diese Kosten hat das LAG Düsseldorf jetzt der Personalvertretung Kabine zugesprochen. Gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG habe die Arbeitgeberin die Kosten zu tragen, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Dies ist hier nach Ansicht des LAG inhaltlich zu bejahen.
Beurteilungsspielraum bei der Seminarauswahl
Auf ein Webinar anstelle einer Präsenzveranstaltung musste die PV Kabine sich nach dem jetzt ergangenen Beschluss nicht verweisen lassen. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit habe sie die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen der Arbeitgeberin zu berücksichtigen. Allerdings sei ihr bei der Seminarauswahl ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen nach Ansicht der Personalvertretung Kabine innerhalb dieses Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen seien, komme eine Beschränkung der Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin auf die Kosten des preiswerteren Seminars in Betracht. Hier sei es innerhalb des Beurteilungsspielraums der PV Kabine geblieben, dass sie das inhaltgleiche Webinar nicht für qualitativ vergleichbar erachtet habe. Die Einschätzung, dass der "Lerneffekt" im Rahmen einer Präsenzveranstaltung deutlich höher ist als bei einem Webinar, sei nicht zu beanstanden. Ein Austausch und eine Diskussion über bestimmte Themen seien bei einem Webinar in weitaus schlechterem Maße möglich als bei einer Präsenzveranstaltung. Insoweit stelle sich das Webinar eher als "Frontalunterricht" dar, was wohl auch daran liegen dürfte, dass die Hemmschwelle, sich online an Diskussionen zu beteiligen, weitaus höher sei, als bei einem Präsenzseminar.
Rechtsbeschwerde zugelassen
Die Personalvertretung Kabine durfte nach dem LAG die konkret angefallenen Übernachtungs- und Verpflegungskosten für erforderlich halten. Nach den Ermittlungen und Feststellungen der Kammer gab es keine ortsnäheren Präsenzseminare. Die ermittelten alternativen Seminare hätten unter anderem tatsächlich im Urlaubszeitraum des einen Mitglieds gelegen beziehungsweise das andere Mitglied habe in Anwendung einer tatsächlich gelebten Praxis einer dienstlichen Veranstaltung (Training) den Vorrang gegeben. Im Übrigen habe sich aufgrund der konkreten Entfernung keine ausreichende Kostenersparnis im Vergleich zum gebuchten Seminar ergeben, weil die Übernachtungskosten nicht entfallen wären. Ein anderes Seminar habe zeitlich so viel später gelegen, dass die Personalvertretung sich darauf nicht verweisen lassen musste. Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.