ver.di tariffähig auch für Pflege außerhalb von Krankenhäusern

Die Anträge des Arbeitgeberverbandes Pflege e.V. (AGVP) zur Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit von ver.di in der Pflegebranche sind erfolglos geblieben. Selbst eine möglicherweise fehlende Durchsetzungskraft von ver.di im Bereich der Pflegebranche habe für sich genommen nicht zur Folge, dass die Gewerkschaft insgesamt tarifunfähig sei, entschied kürzlich das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg.

ver.di schloss Tarifvertrag über Mindestarbeitsbedingungen in der Pflegebranche

Im Arbeitgeberverband Pflege e.V. haben sich private Pflegeunternehmen zusammengeschlossen. Daneben bestehen weitere Arbeitgeberverbände der Pflegebranche, unter anderem die Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP). Die Gewerkschaft ver.di hat am 01.02.2021 mit dem BVAP einen Tarifvertrag über Mindestarbeitsbedingungen in der Pflegebranche abgeschlossen. Angestrebt wurde eine Allgemeinverbindlicherklärung dieses Tarifvertrags nach § 7a AEntG, zu der es wegen der fehlenden Zustimmung der Caritas nicht kam.

Feststellung fehlender Tariffähigkeit der Gewerkschaft beantragt

Während der Auseinandersetzungen über die mögliche Allgemeinverbindlichkeit dieses Tarifvertrages beantragte der AGVP beim Landesarbeitsgericht die Feststellung einer fehlenden Tariffähigkeit der Gewerkschaft ver.di für Pflegebetriebe, die Pflegeleistungen außerhalb von Krankenhäusern erbringen. Wegen der heterogenen Zuständigkeit von ver.di sei für die Prüfung der Tariffähigkeit auf die einzelnen Branchen abzustellen. In der Pflegebranche verfüge ver.di nicht über die für eine Tariffähigkeit erforderliche Durchsetzungsfähigkeit. Die Lage in der Pflegebranche unterscheide sich hier von der Lage in Krankenhäusern. Im Lauf des Verfahrens hat der AGVP hilfsweise die Tariffähigkeit von ver.di insgesamt infrage gestellt.

LAG weist Anträge zurück

Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge der AGVP unter Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Voraussetzung für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung sei, dass sie sozial mächtig und von ihrem organisatorischen Aufbau her in der Lage sei, die ihr gestellten Aufgaben einer Tarifvertragspartei zu erfüllen. Abzustellen sei auf die Durchsetzungskraft und organisatorische Leistungsfähigkeit in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des von der Arbeitnehmervereinigung beanspruchten Zuständigkeitsbereichs. Es gebe keine partielle, auf bestimmte Regionen, Berufskreise oder Branchen beschränkte Tariffähigkeit. Vielmehr sei die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung für den beanspruchten Zuständigkeitsbereich einheitlich zu beurteilen.

ver.di insgesamt nicht als tarifunfähig anzusehen

Es sei davon auszugehen, dass ver.di als in weiten Teilen ihres Zuständigkeitsbereichs durchsetzungsfähige Arbeitnehmervereinigung sich auch in den Bereichen, in denen es ihr an Durchsetzungskraft fehle, beim Abschluss von Tarifverträgen nicht den Forderungen der Arbeitgeberseite unterwerfe. Daher habe eine etwa fehlende Durchsetzungskraft von ver.di im Bereich der Pflegebranche für sich genommen auch nicht zur Folge, dass ver.di insgesamt tarifunfähig sei. Als Gesamtorganisation sei ver.di im Sinne der Anforderungen an die soziale Mächtigkeit offensichtlich organisations- und durchsetzungsfähig sowie in der Lage, hinreichenden Druck auf den sozialen Gegenspieler aufzubauen.

Redaktion beck-aktuell, 26. August 2021.