Smartphone ändert Tätigkeit: Höhergruppierung für Streifendienstler beim Ordnungsamt

Eine Stadt stattete ihre Ordnungsamtmitarbeiter im Streifendienst mit Smartphones aus – mit Konsequenzen für die Vergütung. Das LAG Berlin-Brandenburg gab einem Streifendienstler Recht, der in eine höhere Entgeltgruppe wollte. Denn dessen Tätigkeit habe sich wesentlich verändert.

Der im Streifendienst beschäftigte Mitarbeiter wurde nach der Entgeltgruppe 8 des TVöD vergütet. Anfangs nahm er Ordnungsverstöße mit Block und Stift, später mit einem Handerfassungsgerät auf. Die Daten leitete er an den Innendienst weiter, der dann die Anzeige mit Angabe der Normen fertigte und die Höhe des Buß- oder Verwarnungsgeldes festlegte.

2018 führte die Stadt im Außendienst des Ordnungsamtes Smartphones ein. Seitdem legt der Streifendienstler vor Ort OWi-Fälle selbst per Smartphone an, auf dem zahlreiche Gesetze, Verordnungen und Satzungen sowie Textbausteine hinterlegt sind. Auch kann er die Höhe des Verwarnungs- oder Bußgeldes festlegen, etwa bei einem Wiederholungstäter ein höheres Verwarngeld, sofern nicht ein bundeseinheitlicher Tatbestandskatalog vorhanden ist und dies automatisch geschieht. Der Innendienst übernimmt dann den Datensatz und schickt dem Betroffenen eine Anhörung. In seltenen Fällen fragt der Innendienst beim Außendienstmitarbeiter noch mal zur Höhe des Verwarnungs- oder Bußgeldes nach, die er noch ändern kann.

Der Streifendienstler sah darin eine wesentliche Änderung seiner Tätigkeit und begehrte deshalb eine höhere Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TVöD. Die Stadt habe auch mit ihrer neuen Stellenbeschreibung gezeigt, dass es sich um eine wesentliche Änderung handele. Die hatte die Stadt 2022 neu gefasst. Dabei splittete sie die Tätigkeit im Streifendienst in mehrere Arbeitsvorgänge auf. Seither bilden die Kontrollgänge zur Einhaltung ordnungsrechtlicher Vorschriften sowie die Feststellung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten und die Einleitung der Maßnahmen zwei verschiedene Arbeitsvorgänge.

Die Stadt bestritt hingegen eine wesentliche Änderung der Tätigkeit. Außerdem lägen die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9a TVöD nicht vor, da die Tätigkeit des Streifendienstlers mehrere Arbeitsvorgänge beinhalte. Dahinter steckt, dass für eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 9a TVöD zu mindestens 50% Arbeitsvorgänge vorliegen müssen, die unter anderem das Merkmal der selbständigen Leistungen erfüllen.

Wesentliche Änderung der Tätigkeit

Das ArbG gab der Feststellungsklage des Außendienstmitarbeiters statt. Die Berufung der Stadt hatte keinen Erfolg. Das LAG Berlin-Brandenburg bestätigte die Vergütungspflicht nach Entgeltgruppe 9a TVöD (Urteil vom 02.09.2024 - 10 Sa 24/24). Die Tätigkeit des Mitarbeiters habe sich nach der Einführung der Smartphones wesentlich geändert. Davon sei auch die Stadt ausgegangen, wie ihre neue Stellenbeschreibung mit der Aufteilung der Tätigkeit in mehrere Arbeitsvorgänge zeige. Für die wesentliche Änderung spiele es keine Rolle, ob die Letztentscheidung über Verwarnungs- und Bußgelder bei dem Außendienstmitarbeiter oder beim Innendienst liege. Denn anders als früher müsse der Innendienst Vorgänge nicht mehr weiter bearbeiten und Sachverhalte unter Normen subsumieren. Anhand der vom Mitarbeiter gespeicherten Infos könne er einen Bescheid fertig ausdrucken und sich auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränken.

Die geänderte Tätigkeit sei in Entgeltgruppe 9a TVöD einzugruppieren. Anders als die Stadt meine, beinhalte der Streifendienst nicht mehrere Arbeitsvorgänge. Eine solche Aufteilung hält das LAG für nicht nachvollziehbar. Vielmehr handele es sich um einen einzigen Arbeitsvorgang. "Sowohl die Kontrollgänge als auch Feststellung von Ordnungswidrigkeiten als auch die Einleitung der Maßnahmen erfolgen bei einer einheitlichen Tätigkeit, nämlich bei dem Streifendienst und stehen in einem inneren Zusammenhang", so das LAG.

Der Streifendienst, als ein Arbeitsvorgang, mache mehr als 50% der Arbeitszeit des Mitarbeiters aus. Er erfordere auch selbständige Leistungen, so das LAG. Denn der Mitarbeiter müsse zahlreiche Ermessensentscheidungen darüber treffen, ob und wie er im Einzelfall einschreitet. Auch das Merkmal der gründlichen, vielseitigen Fachkenntnisse sei gegeben. Das LAG hat die Revision insbesondere zu der Frage zugelassen, ob Streifendienste von Ordnungsmitarbeiter nur einen Arbeitsvorgang bilden.

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02.09.2024 - 10 Sa 24/24

Redaktion beck-aktuell, hs, 16. Januar 2025.