Eingeschlafenes Verfahren: Anwaltsgebühren auch ohne förmlichen Ruhebeschluss

Die anwaltliche Vergütung wird in einem laufenden Verfahren dann fällig, wenn es mehr als drei Monate "ruht". Das geht dann laut LAG Berlin-Brandenburg auch ohne förmlichen Ruhebeschluss. Das Gericht müsse allerdings zu erkennen geben, dass es das Verfahren von sich aus nicht wieder aufrufen werde.

In einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht hatte ein Konzernbetriebsrat das Ziel verfolgt, die Nutzung von sechs unterschiedlichen Security-Systemen (Software) in dem Unternehmen mit circa 7.000 Belegschaftsmitgliedern zu untersagen. Die Parteien hatten das Arbeitsgericht gebeten, ihren Gerichtstermin mit Blick auf ein Verfahren vor einer Einigungsstelle aufzuheben. Das Gericht hatte dem Wunsch entsprochen. Nachdem der Termin gestrichen worden war, wurde die Sache mehr als ein Jahr lang nicht mehr aufgerufen. Die Anwälte des Betriebsrats beantragten die Festsetzung des Gegenstandswerts, den das Arbeitsgericht bei 30.000 Euro ansetzte. Dagegen legten sie Beschwerde ein – mit Erfolg.

Verdoppelung des Streitwerts wegen erheblicher Bedeutung für die Belegschaft

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg stellte zunächst fest, dass die Vergütung der Anwälte nach § 8 Abs. 1 S. 2 RVG fällig sei (Beschluss vom 26.10.202326 Ta (Kost) 6085/23). Danach werde in einem laufenden Verfahren die Vergütung auch dann fällig, wenn das Verfahren mehr als drei Monate "ruhe". Dieses Ruhen müsse nicht entsprechend § 251 ZPO förmlich angeordnet werden. Es reicht aber auch nicht, so die Berliner Richterinnen und Richter, dass einfach nichts mehr passiere. Vielmehr müsse das Gericht in irgendeiner Weise zu erkennen geben, dass es von seiner Seite aus das Verfahren nicht weiterführen werde. Dem sei hier dadurch genügt worden, dass beantragt worden ist, das Verfahren terminlos zu stellen sowie den angesetzten Termin aufzuheben, und das Arbeitsgericht dem nachgekommen sei. Die Parteien hätten das Verfahren auch nach über einem Jahr nicht wieder aufgerufen.

Die Kammer hält einen Gesamtgegenstandswert von 60.000 Euro gerechtfertigt. Das zu sichernde Mitbestimmungsrecht diene verschiedenen Rechten der Belegschaftsmitglieder, unter anderem dem Persönlichkeitsschutz. Der Einsatz der technischen Einrichtungen habe zudem eine sehr große Anzahl von Personen betroffen und sei von ganz erheblicher Bedeutung für die Belegschaft, was zu einer Verdoppelung des durch das Arbeitsgericht in Ansatz gebrachten Wertes geführt habe.

Redaktion beck-aktuell, ns, 2. November 2023.