Streit mit dem Betriebsrat: Gegenstandswerte im RVG werden zusammengerechnet

Nach § 48 Abs. 3 GKG gilt für die Gebührenfestsetzung bei einer Kombination von vermögensrechtlicher und nichtvermögensrechtlicher Streitigkeit der höhere Wert. Diese Regel ist allerdings, so das LAG Baden-Württemberg, nicht im RVG anwendbar – auch nicht analog. Dort werden die Streitwerte addiert.

Arbeitgeber und Betriebsrat lagen im Streit über die Berechnung des Gegenstandswerts für die Tätigkeit von Rechtsanwälten, welche den Betriebsrat gerichtlich vertreten hatten. In der Sache ging es darum, ob ein Betriebsratsseminar erforderlich gewesen war und ob die Mitglieder von den Schulungskosten zu befreien waren. Das Arbeitsgericht Reutlingen setzte den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Juristen auf 6.924 Euro fest, den Vergleichsmehrwert auf 16.576 Euro. Dabei hatte es die insgesamt sechs einzelnen Anträge (1: 3.000 Euro, 2 – 5: jeweils 750 Euro, 6: 6.924 Euro) einzeln bewertet und § 48 Abs. 3 GKG analog angewendet. Danach zählte – in der Kombination von vermögens- und nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen – nur der einzelne höchste und nicht der addierte Wert. Damit gingen die Anwälte des Betriebsrats nicht konform und legten Beschwerde ein – mit Erfolg.

Dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zufolge sind die einzelnen Anträge (Ziffer 1 bis 6) nach § 22 Abs. 1  RVG zu addieren, so dass sich – entgegen der Auffassung des ArbG – ein Gesamtstreitwert in Höhe von 12.924 Euro ergab (Beschluss vom 27.01.2023 – 5 Ta 67/22). § 48 Abs. 3 GKG, so der Stuttgarter Einzelrichter weiter, sei im RVG (für die Wertfestsetzung nach § 23 Abs. 3 RVG) aber nicht anwendbar – auch nicht analog, wofür sich bspw. das LAG Düsseldorf in einem Fall ausgesprochen hatte.

Keine planwidrige Lücke

Eine planwidrige Regelungslücke besteht dem LAG zufolge nicht. Daher habe eine Schwesterkammer in einer ähnlich gelagerten Entscheidung § 48 Abs. 3 GKG auch "bewusst unangewendet gelassen". Es sei zudem nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber übersehen habe, dass im RVG eine solche Vorschrift fehle. Denn selbst im Bereich des GKG stelle § 48 Abs. 3 GKG eine absolute Ausnahmevorschrift dar, die praktisch nur für (vermögensrechtliche) Unterhaltsansprüche in Betracht komme, die aus der (nichtvermögensrechtlichen) Feststellung eines familienrechtlichen Status folgen und neben dieser keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert verkörpern.

LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.01.2023 - 5 Ta 67/22

Redaktion beck-aktuell, ns, 9. November 2023.