Künstlersozialabgabe – Die unbekannte Größe für viele Betriebe

Wer selbstständige Künstler, Webdesigner und Publizisten beauftragt, muss laut einer Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen für deren Leistungen Künstlersozialabgaben entrichten – zumindest, wenn man als sogenannter Eigenwerber diese Aufträge nicht nur gelegentlich erteilt. Allerdings dürfe die Rentenversicherung nicht einfach tabellarische Umsätze schätzen, wenn ein kleiner Betrieb viel geringere Umsätze angibt, heißt es in dem Beschluss vom Dezember weiter, auf den der Deutsche Anwaltverein (DAV) kürzlich hinwies.

Streit um 4.200 Euro Nachzahlung

In dem vom DAV mitgeteilten Fall musste eine kleine Schokoladenmanufaktur sich einer Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) unterziehen. Die DRV deklarierte das Unternehmen als sogenannten Eigenwerber und forderte rund 4.200 Euro Nachzahlung an Künstlersozialabgaben. Grundlage der Berechnung war eine pauschale Schätzung der Werbeumsätze. Dem hielten die Schokoladen-Fabrikanten entgegen, die Schätzung sei realitätsfern. Die Forderung bedrohe ihre wirtschaftliche Existenz, zumal sie von den Auswirkungen der Pandemie geschäftlich stark betroffen seien.

LSG kritisiert DRV-Forderung

Das LSG hatte laut DAV starke Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Forderung der DRV. Künstlersozialabgaben dürften nicht auf Grundlage einer undifferenzierten Schätzung erhoben werden. Auch habe die DRV schon dem Grunde nach nicht dargelegt, dass die Fabrikanten zum Kreis der sogenannten Eigenwerber gehörten. Dies seien Unternehmen, die nicht nur gelegentlich Werbeaufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilten, so das Gericht. Auch sprach es der DRV ab, dass die Schätzung eine realistische Grundlage hatte und nachvollziehbar war. Die DRV habe vielmehr völlig sachwidrig und unabhängig von der Unternehmensausrichtung und -größe einen pauschalen Jahreswert von 19.000 Euro Werbeumsätzen für sämtliche Eigenwerber zugrunde gelegt, so die LSG-Richter.

Undifferenzierte Schätzung nicht erlaubt

Denn wenn das Unternehmen selbst nur 50 bis 225 Euro angeben würde, brauche es schon sorgfältig ermittelte Tatsachen für die Betragsberechnung und keinen undifferenzierten Tabellenwert, so das Gericht. Die DRV trage bei einer Betriebsprüfung uneingeschränkt die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit ihrer Bescheide. Auch aus "Gründen der Vereinfachung" dürfe nicht undifferenziert geschätzt werden. Dadurch bringe die DRV zum Ausdruck, sich "sehenden Auges über rechtsstaatliche Vorgaben" hinwegzusetzten, monierten die Richter in dem vom Anwaltverein mitgeteilten Beschluss.

LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.12.2022 - .12.2022 L 2

Redaktion beck-aktuell, Gitta Kharraz, 1. März 2023.