Kritik an Gesetzentwurf zu fairen Verbraucherverträgen

Überwiegend kritisch fielen die Stellungnahmen der Sachverständigen in einer Anhörung im Rechtsausschuss zum Thema Verbraucherschutz am Mittwoch aus. Zwar wurde das Ziel des Regierungsentwurfs, der die Position der Verbraucher gegenüber der Wirtschaft stärken soll, weitgehend geteilt. Die Umsetzung lasse aber zu wünschen übrig, hieß es von Seiten der Rechtswissenschaft und der betroffenen Unternehmen. Verbraucherschützern hingegen geht der Entwurf nicht weit genug.

Inhalt des Regierungsentwurfs

Der Regierungsentwurf sieht unter anderem vor, die Wirksamkeit einer Vereinbarung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen über eine bindende Vertragslaufzeit von über einem Jahr bis zu zwei Jahren an zusätzliche Bedingungen zu knüpfen. Verträge sollen nur dann automatisch über drei Monate bis zu einem Jahr verlängert werden dürfen, wenn das Unternehmen Kunden rechtzeitig auf die Kündigungsmöglichkeit hinweist. Diese Regelungen sollen durch eine verkürzte Kündigungsfrist von einem Monat ergänzt werden. Weiter sieht der Entwurf die Textformerfordernis für Energielieferverträge vor. Den Experten lag neben dem Gesetzentwurf ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel "Vorabwiderrufsbelehrung einführen − Effektiver Verbraucherschutz durch Kurzinformationen" (BT-Drs. 19/26630) vor.

Zentrale Punkte des Referentenentwurfs nicht mehr enthalten

Jutta Gurkmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßte, dass die Bundesregierung einen Kompromiss zum Schutz der Verbraucher gefunden habe. Positiv sei, dass der Regierungsentwurf die Verkürzung der Kündigungsfrist von Verträgen auf Dauer von drei Monaten auf einen Monat weiter beinhalte. Bedauerlicherweise bleibe der Regierungsentwurf aber in zentralen Punkten hinter dem Referentenentwurf zurück. So sollte die maximale stillschweigende Vertragsverlängerung ohne weitere Bedingungen auf einen Monat begrenzt werden, die maximale Erstvertragslaufzeit für Dauerschuldverhältnisse sollte wie im Referentenentwurf vorgeschlagen von zwei auf ein Jahr verkürzt werden, und für alle telefonisch geschlossenen Dauerschuldverhältnisse sollte eine allgemeine Bestätigungslösung im Bürgerlichen Gesetzbuch eingeführt werden.

Defizite bei der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen

Tobias Brönneke, Wirtschaftsrechtler von der Hochschule Pforzheim, sah in seiner Stellungnahme deutliche Defizite bei der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen. Die Kündigungsmöglichkeiten sollten so einfach wie möglich sein, sagte er mit Hinweis auf den Bundesratsvorschlag für eine Kündigungsmöglichkeit mit einem Klick. Auch für die sogenannte Bestätigungslösung hätte er sich eine umfassendere Regelung gewünscht, sagte er und verwies ebenfalls auf den Referentenentwurf.

Verbraucherschützende Regelungen als zu unklar kritisiert

Brönnekes Pforzheimer Kollege Felix Buchmann erklärte, Verbraucherschutz bedeute insbesondere auch, dem Verbraucher die Durchsetzung seiner Rechte einfach zu machen. Ziel eines neuen Gesetzes sollte es daher sein, die verbraucherschützenden Regelungen möglichst einfach zu gestalten. Ausnahmen und die Regelung spezifischer Einzelfälle führten für die Unternehmen zu mehr Aufwand und für die Verbraucher zu Verunsicherung und hinderten damit die Geltendmachung der gesetzlichen Rechte. Damit sei niemandem gedient.

Kritik an Laufzeitregelung

Der Bundesverband Direktvertrieb Deutschland (BDD) begrüßte den Verzicht auf die zeitweilig beabsichtigte ausnahmslose Verkürzung der Maximallaufzeit von zwei Jahren auf ein Jahr. Geschäftsführer Jochen Clausnitzer erklärte, die Verpflichtung zum Anbieten eines Einjahresvertrags zu festgelegten Konditionen wie der 25%-Regel lehne der BDD dagegen ab. Dies führe zu höheren Preisen für Verbraucher und beschränke das Prinzip der Vertragsfreiheit. Auch der Verzicht auf eine generelle Bestätigungslösung werde begrüßt, die Einführung eines Textformerfordernisses dagegen abgelehnt.

Erheblicher Eingriff in Vertragsfreiheit moniert

Kritik an der Laufzeitregelung kam auch von Rickmann von Platen vom Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten. Die vorgeschlagene Pflicht, zu jedem Vertrag mit einer 24-monatigen Laufzeit einen Vertrag über die gleiche Leistung mit einer Laufzeit von zwölf Monaten anzubieten und für diese Verträge eine Preisobergrenze festzulegen, sei problematisch und ein erheblicher Eingriff in die Vertragsfreiheit. Dies werde entschieden abgelehnt.

Laufzeitregelung als verwirrend abgelehnt

Christian Bereska vom Deutschen Anwaltverein erklärte, dass die vorgesehene Laufzeitregelung in der Praxis mehr Verwirrung als Nutzen stiften könnte. Insgesamt gebe es nach wie vor kein echtes Bedürfnis für eine solche Änderung. Die vorhandene gesetzliche Regelung sei klar, handhabbar und einfach.

Verbraucherrechtler insgesamt unzufrieden

Der Verbraucherrechtler Martin Schmidt-Kessel von der Universität Bayreuth gab zu bedenken, dass der Titel des Gesetzes letztlich grob irreführend sei, weil er suggeriere, dass die Fairness von Verbrauchervertragsbeziehungen in großem Rahmen angegangen würde. Tatsächlich gehe es nur um einige wenige Sachfragen. Im Einzelnen monierte er unter anderem die vorgeschlagene Regelung zu den Vertragslaufzeiten. Sie sei ungeeignet und sollte durch eine Konzeption zur Stärkung des Dauerschuldverhältnisses und der Vermeidung von Kettenbefristungen ersetzt werden.

Redaktion beck-aktuell, 4. März 2021.