Kritik an geplanten Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz

Durch geplante Änderungen bei den Leistungen für Asylbewerber sollen rund 100.000 Asylbewerber ab 2020 weniger Geld zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten erhalten. Das geht aus einem Entwurf hervor, den das Arbeitsministerium am 26.03.2019 den anderen Ressorts der Bundesregierung zugeleitet hat. Er sieht vor, dass alleinstehende Asylbewerber, die nicht in einer eigenen Wohnung leben, künftig behandelt werden sollen wie Paare. Dahinter steckt die Idee, dass für den Einzelnen geringere Kosten anfallen, wenn er in einer Erstaufnahmeeinrichtung oder einer Gemeinschaftsunterkunft lebt.

Maßnahme soll kostenneutral sein

Während die Geldleistungen für den "notwendigen persönlichen Bedarf" von Erwachsenen, die ohne einen Partner in einer eigenen Wohnung leben, zum 01.01.2020 von derzeit 135 Euro auf 150 Euro steigen sollen, erhalten Paare und nun auch Bewohner von Sammelunterkünften das im Vergleich zu den Leistungen des "notwendigen persönlichen Bedarfs" niedrigere "Taschengeld" in Höhe von 136 Euro, das bisher 122 Euro betrug. Da nun weniger Menschen die erhöhten Geldleistungen für den "notwendigen persönlichen Bedarf" erhalten sollen, während mehr Menschen in die Gruppe der "Taschengeld"-Empfänger fällt, soll die Maßnahme kostenneutral sein.

Bedarf für Strom und Wohnungsinstandhaltung wird nicht mehr ausgezahlt

Zum "persönlichen Bedarf" zählen unter anderem Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr, Telefon und Hygieneartikel. Zusammen mit dem, was sie für Essen, Kleidung und den sonstigen "notwendigen Bedarf" erhalten, ergibt sich für die alleine lebenden Asylbewerber künftig ein Betrag von 344 Euro, bisher waren das 354 Euro. Für Menschen, die als Paar zusammenleben oder in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, liegt dieser Betrag dann bei 310 Euro – derzeit sind es noch 318 Euro. Die beiden Geldleistungen sinken, weil in Zukunft der Bedarf für Strom und Wohnungsinstandhaltung nicht mehr als Teil des "notwendigen Bedarfs" ausgezahlt werden soll, wenn staatliche Stellen Unterkünfte anbieten, die mit Strom versorgt sind. Etwas mehr erhält lediglich, wer selbst einen Vertrag mit dem Stromanbieter abschließen muss. Asylbewerber, die für eine ehrenamtliche Tätigkeit eine Pauschale erhalten, sollen davon künftig bis zu 200 Euro behalten dürfen.

Grüne kritisieren Aushöhlung der Versorgung durch die Hintertür

Aus dem Arbeitsministerium hieß es, der Entwurf sei "kostenneutral". Die integrationspolitische Sprecherin der Grünen, Filiz Polat, warf der Regierung vor, sie versuche seit Jahren, "durch die Hintertür die Versorgung für Asylsuchende immer weiter auszuhöhlen". Innenpolitikerin Ulla Jelpke (Linke) sagte, Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verlange von den "in Sammellagern eingepferchten Asylsuchenden", dass sie mit ihnen völlig fremden Menschen eine Art Solidargemeinschaft bildeten, um dann – etwa durch gemeinsames Einkaufen – Einspareffekte zu erzielen. Das sei realitätsfern.

Auch Koalitionspartner unzufrieden

Unzufrieden zeigte sich auch der Koalitionspartner. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), sagte der "Rheinischen Post" (Ausgabe vom 27.03.2019), abgelehnte Asylbewerber und Ausländer, "die bei ihrer Abschiebung nicht kooperieren, sollten insgesamt nur noch Sachleistungen erhalten".

BVerfG: Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gilt für alle

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2012 deutlich gemacht, dass das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum für alle in Deutschland lebenden Menschen gilt. Die Leistungssätze müssen in gewissen Abständen an die veränderten Lebenshaltungskosten angepasst werden.

Redaktion beck-aktuell, 29. März 2019 (dpa).

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