Konservative US-Supreme-Court-Richter signalisieren Hoffnung für "Obamacare"

Für US-Präsident Donald Trump könnte eine weitere Rechnung nicht aufgehen: Zwei wichtige konservative Richter zeigten sich in einer Verhandlung vor dem US-Supreme Court am 10.11.2020 überzeugt, dass "Obamacare" in der aktuellen Form Bestand hat. Die Stimmen von John Roberts und Brett Kavanaugh würden zusammen mit denen der drei liberalen Richter eine Mehrheit im Gericht bilden. Ein Urteil wird erst 2021 erwartet.

Supreme Court bestätigte 2012 Versicherungspflicht

Die Republikaner versuchten, die Gesundheitsreform komplett für verfassungswidrig erklären zu lassen. Sie setzten dabei bei einer früheren Entscheidung des Obersten Gerichts aus dem Jahr 2012 an. Damals wurde die Vorgabe angefochten, eine Krankenversicherung abzuschließen – oder eine Strafe zahlen zu müssen. Das Oberste Gericht ließ die Klausel in Kraft, indem es die "Strafe" als eine Steuer einstufte.

Kongress strich Strafzahlung – "Obamacare" damit insgesamt hinfällig?

Der seinerzeit von noch Republikanern kontrollierte Kongress setzte danach aber den Strafbetrag auf Null herab. Auf dieser Basis argumentieren die Republikaner nun vor Gericht, dass von einer Steuer keine Rede mehr sein könne, weil es keine Einnahmen mehr gebe. Und sie betonen, dass ohne die Klausel das gesamte Gesetz hinfällig sei.

Kavanaugh und Roberts: Rest des Gesetzes bliebe unberührt

Das sehen die liberalen Richter am Supreme Court anders. Am 10.11.2020 schwenkte auch der von US-Präsident Donald Trump für das Gericht vorgeschlagene Kavanaugh auf diese Position ein. Es sei "ziemlich klar", dass man die Klausel getrennt betrachten und den Rest des Gesetzes in Kraft lassen könne, sagte er in der rund zweistündigen Verhandlung. Auch Roberts verwies darauf, dass der Kongress das restliche Gesetz intakt gelassen habe.

Trump will "Obamacare" seit Jahren kippen

Mit "Obamacare" bekamen rund 20 Millionen Amerikaner neu Zugang zur Krankenversicherung, während die Abgaben zum Teil stiegen. Ein zentraler Punkt ist auch, dass Menschen eine Versicherung nicht mehr aufgrund von Vorerkrankungen verweigert werden kann. Trump machte seit Jahren Front gegen die Reform und äußerte offen die Hoffnung, dass sie vom Obersten Gericht gekippt werde. Kurz vor der Wahl sicherte er per Präsidentenerlass den fortlaufenden Schutz für Amerikaner mit Vorerkrankungen zu – allerdings hätte das eine geringere rechtliche Wirkung als ein Gesetz.

Erster Auftritt von Ginsburg-Nachfolgerin Barrett

Die Verhandlung am 10.11.2020 war auch der erste Auftritt der frisch ernannten Richterin Amy Coney Barrett. Sie hatte in der Vergangenheit die Argumentation des Obersten Gerichts bei früheren Entscheidungen zu "Obamacare" kritisiert.

Redaktion beck-aktuell, 11. November 2020 (dpa).