EU-Kommission verhängt Millionen-Strafe gegen Banken wegen Euro-Zinsderivatekartells

Die Europäische Kommission hat gegen die Banken Crédit Agricole, HSBC und JPMorgan Chase Geldbußen in Höhe von insgesamt 485 Millionen Euro wegen Teilnahme an einem Euro-Zinsderivatekartell verhängt. Dies teilte sie am 07.12.2016 mit. Die Banken hätten sich bei der Preisfestlegung von Euro-Zinsderivate-Bestandteilen abgesprochen und sensible Informationen ausgetauscht, so der Vorwurf. Die Kommission geht von einem Verstoß gegen EU-Kartellrecht aus.

Banken hatten Vergleich zuvor abgelehnt

Anders als Barclays, Deutsche Bank, RBS und Société Générale, die im Dezember 2013 in derselben Kartellsache einen Vergleich getroffen hatten, lehnten Crédit Agricole, HSBC und JPMorgan Chase eine solche Einigung ab. Seitdem wurden die Untersuchungen im Rahmen des regulären Kartellverfahrens fortgesetzt. Der jetzt ergangene Beschluss beendet eine Kartelluntersuchung, die die erste mehrerer Untersuchungen im Finanzdienstleistungssektor war.

Rechtlicher Hintergrund

Bei Zinsderivaten handelt es sich um Finanzprodukte wie Forward Rate Agreements, Zinsswaps oder Zinsoptionen, die Unternehmen zur Handhabung der Zinsfluktuationen oder zu Spekulationszwecken nutzen. Ihr Wert wird vom Stand eines Referenzzinssatzes wie dem Euro Interbank Offered Rate (Euribor) und/oder dem Euro Over-Night Index Average (Eonia) für Euro-Zinsderivate abgeleitet. Der Euribor-Referenzzinssatz soll die Kosten der Interbank-Ausleihungen in Euro widerspiegeln und basiert auf Einzelnotierungen in Euro, die täglich von Panel-Banken an eine Berechnungsstelle weitergegeben werden.

Sensible Informationen ausgetauscht

Die Kommission kam bei ihrer Untersuchung zu dem Schluss, dass zwischen September 2005 und Mai 2008 ein Kartell aus insgesamt sieben Banken bestand (Barclays, Crédit Agricole, HSBC, JPMorgan Chase, Deutsche Bank, RBS und Société Générale), die sich über unterschiedliche Zeiträume daran beteiligten. Es habe den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) abgedeckt. Die beteiligten Händler der Banken hätten über Chat-Räume in den Banken oder Instant Messaging-Dienste in regelmäßigem Kontakt gestanden. Ziel der Händler sei es gewesen, die normale Entwicklung der Preisbestandteile von Euro-Zinsderivaten zu verzerren. Sie hätten einander über ihre gewünschte oder geplante Einreichung von Euribor-Angeboten unterrichtet und sensible Informationen über ihre Handelspositionen oder ihre Handels- oder Preisfestsetzungsstrategien ausgetauscht.

Euro-Derivatemarkt auch für Unternehmen sehr bedeutend

Die sieben Banken auf dem Euro-Derivatemarkt hätten Absprachen getroffen, anstatt miteinander zu konkurrieren. Dieser Markt sei nicht nur für Banken, sondern auch für viele im Binnenmarkt tätige Unternehmen, die Euro-Zinsderivate zur Absicherung ihres Finanzrisikos nutzen, sehr bedeutend.

Neue Verordnung zu Referenzzinssätzen

Die wettbewerbswidrigen Praktiken bei Referenzzinssätzen, die durch die Antitrust-Durchsetzung zu Tage traten, seien auch durch einen strengeren Regulierungsrahmen ermittelt worden. Im Juni 2016 nahmen das Europäische Parlament und der Rat auf Vorschlag der Kommission eine neue Verordnung zu Referenzzinssätzen an. Eine Manipulation von Referenzzinssätzen wie dem Euribor stellt der Verordnung zufolge nun einen Verstoß gegen die Kapitalmarktregeln dar. Zudem verstärke die Verordnung die Untersuchungs- und Sanktionsbefugnisse der Finanzregulierungsbehörden, heißt es in der Mitteilung der Kommission.

Redaktion beck-aktuell, 7. Dezember 2016.

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