Pro-Argumente: Höhere Kosten rechtfertigen Heraufsetzung der Obergrenze
So äußerten sich Michael Brenner, Professor an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena, und Bernd Grzeszick, Staatsrechtler aus Heidelberg, klar für den Entwurf. Das Bundesverfassungsgericht habe "verfassungsrechtliche Leitlinien" erlassen, innerhalb derer die absolute Obergrenze der Parteienfinanzierung verändert werden könne, so Brenner. Gebe es "einschneidende Veränderungen der bestehenden Verhältnisse", sei eine Erhöhung möglich. Diese seien gegeben – etwa durch die Notwendigkeit, Hackerangriffe abwehren, Fake News entkräften und stärker auf die Digitalisierung setzen zu müssen, entstünden den Parteien höhere Kosten. Die Aufrechterhaltung der freien demokratischen Grundordnung sollte dem Staat 190 Millionen Euro im Jahr "wert sein". Auch Bernd Grzeszick betonte, steigende Wahlbeteiligung und neue partizipative Instrumente, die die Parteien anwenden müssten, würden diese Erhöhung rechtfertigen. Der Entwurf sei seines Erachtens "verfassungsgemäß"
Einhergehende Erhöhung privaten Finanzierungsanteils gelobt
Auch der Verwaltungswissenschaftler Professor Wolfgang Zeh zeigte sich zufrieden mit dem Gesetzentwurf: Das Modell der hälftigen Finanzierung der Parteien durch private Mittel, Spenden und Beiträge einerseits und staatliche Alimentation andererseits sei ein "ausgezeichnetes Modell". Die absolute Obergrenze führe bisher dazu, dass Anstrengungen, den privaten Anteil zu erhöhen, mit einer Kappung einhergingen. Von "Selbstbedienung" könne keine Rede sein: Hier würden sich nicht "Parteimitglieder die Taschen füllen", das Geld werde für die Bewältigung der "wachsenden Aufgaben", also für Personal, Technik, Veranstaltungen und ähnliches, verwendet.
Contra-Argumente: Höhere Kosten durch Digitalisierung nicht dargelegt
Dies sieht Professor Sophia Schönberger, Staatsrechtlerin in Konstanz, anders: Die tatsächliche Veränderung der Verhältnisse werde in dem Entwurf mitnichten klar dargelegt. Die Darlegungslast werde "in keiner Weise erfüllt". So liege zum Beispiel der Verdacht nahe, dass die Digitalisierung zwar durchaus Geld koste, man aber gleichzeitig auch spare. Grundsätzlich müsse man angesichts des "Dilemmas der Entscheidung in eigener Sache" mehr Sensibilität erwarten.
Kritik an Aussparen des Themas Transparenz
Erhebliche Kritik am Verfahren insgesamt äußerten drei Sachverständige. So sagte Michael Kloß von der Ludwig-Maximilians-Universität München, die Koalition verletze offenbar die "informelle Norm" bei einer Entscheidung über die Parteienfinanzierung Einvernehmen mit den übrigen im Parlament vertretenen Parteien herzustellen. Auch inhaltlich sei die Begründung für die Notwendigkeit, die Finanzierung zu erhöhen, nicht nachzuvollziehen. Offenbar habe die Koalition Finanzprobleme, die die anderen Parteien nicht hätten. Gleichzeitig entstehe der Eindruck, dass lediglich "ein Nehmen stattfindet", auf eine größere – seit langem angemahnte – Transparenz bei der Parteienfinanzierung aber verzichtet werde. Er, so Kloß, sehe den Entwurf daher "überaus kritisch".
Votum objektiver Sachverständiger vermisst
Auch Heike Merten von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf äußerte Kritik: Eine Erhöhung der Parteienfinanzierung über den Preisindex hinaus sei eine "Wertungsfrage" in den Händen des Gesetzgebers – denkbar wäre hier, auf das Votum objektiver Sachverständiger zu hören, was aber nicht getan werde. Auch die geänderten Verhältnisse insbesondere mit Blick auf neue Beteiligungsformen müssten klar diskutiert werden. Es gehe "nicht, erst das Geld haben zu wollen", aber dann nicht die Möglichkeiten zu schaffen.
Volksentscheid über Parteienfinanzierung?
Der Staatsrechtler Professor Karl-Albrecht Schachtschneider warf dem Bundestag vor, immer wieder vor dem Bundesverfassungsgericht einzuknicken und forderte eine Initiative aus dem Parlament heraus zur staatlichen Parteienfinanzierung. Dafür müsse es Volksentscheide geben, bis dahin solle die bisherige Regelung beibehalten werden.