Koalitionsgespräche: Whistleblower-Gesetz vorerst geplatzt

Gespräche von Union und SPD zum besseren Schutz von Hinweisgebern sind vorerst gescheitert. Die Union habe lediglich eine "Schmalspurlösung" gewollt, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese. In vielen Bereichen blieben Arbeitnehmer damit ungeschützt. Jan-Marco Luczak (CDU) betonte, CDU und CSU wollten den Schutz von Whistleblowern. Zugleich dürfe man Unternehmen in der Pandemie keine Steine in den Weg legen durch zusätzliche Bürokratie und Regulierung.

Lambrecht legte im Dezember Gesetzentwurf vor

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte im Dezember einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem eine europäische Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden sollte. Sie will allerdings, dass der Schutz nicht nur gilt, wenn man Verstöße gegen EU-Recht meldet, sondern auch bei Verstößen gegen deutsches Recht. Inhaltlich kann es zum Beispiel um Vorgaben zur Produktsicherheit oder den Umweltschutz gehen, aber auch um Regelungen zur Terrorismusfinanzierung.

Meldestellen sollen eingerichtet werden

Für solche Hinweise sollen Meldestellen eingerichtet werden. Wer nach der Meldung eines Missstands vorzeitig gekündigt, gemobbt oder eingeschüchtert wird, soll nur dies nachweisen müssen. Der Arbeitgeber müsste dann belegen, dass die Behandlung des Angestellten nichts mit der Meldung von Missständen zu tun hatten. Die Richtlinie soll auch vor Gehaltsminderung, negativen Beurteilungen und Versagung einer Beförderung infolge von Whistleblower-Hinweisen schützen.

Erhebliche Mehrbelastung für Unternehmen befürchtet

Luczak kritisierte, Lambrecht gehe mit ihrem Vorschlag "ohne Notwendigkeit" über die Vorgaben aus Brüssel hinaus. Für die Unternehmen bedeute Lambrechts Vorschlag eine erhebliche Mehrbelastung. "Gleichzeitig wissen wir, viele Unternehmen kämpfen in der aktuellen Pandemie um ihre Existenz", betonte er. Die Whistleblower-Richtlinie müsse deshalb auf das beschränkt werden, was die EU vorgebe. "Sollte Frau Lambrecht weiterhin an einer überschießenden Regelung festhalten, verunmöglicht sie damit eine Einbringung ins Kabinett", sagte er.

SPD wettert gegen "Schmalspurlösung" der Union

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese warf der Union vor, lediglich eine "Schmalspurlösung" akzeptieren zu wollen. "Dann wären beispielsweise Arbeitnehmer nicht vor Kündigung geschützt, die auf Missstände beim Arbeitsschutz in ihrer Firma hinweisen", sagte er. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) betonte: "Wer den Mut hat, Alarm zu schlagen, wenn Arbeitsschutzvorschriften eklatant verletzt werden, dem darf keine Kündigung drohen." Das gelte gerade in Zeiten der Pandemie, wo Arbeits- und Gesundheitsschutz besonders wichtig seien. "Eine verkorkste Schmalspurlösung zulasten mutiger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wie CDU und CSU sie wollen, wird es mit mir nicht geben", kündigte er an. Der Union fehle der politische Wille, mit skandalösen Missständen aufzuräumen.

EU-Richtlinie muss bis Mitte Dezember umgesetzt sein

Die europäische Richtlinie muss bis zum 17.12.2021 in deutsches Recht umgesetzt werden. Wird der Streit nicht zügig ausgeräumt, ist dies vor der Bundestagswahl im September kaum noch zu schaffen.

Redaktion beck-aktuell, 28. April 2021 (dpa).