Einmalige Energiepreispauschale
Die Spitzen von SPD, FDP und Grünen haben sich am Donnerstagmorgen auf das Paket geeinigt. Die Gespräche hatten am Vorabend um 21 Uhr begonnen. Die "Mitte" der Gesellschaft solle schnell, unbürokratisch und sozial gerecht entlastet werden, hieß es in einem Beschlusspapier. Daher solle eine Energiepreispauschale eingeführt werden: Allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen werde einmalig eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt.
Absenkung der Energiesteuer und billige ÖPNV-Monatstickets
Befristet für drei Monate solle zudem die Energiesteuer auf Kraftstoffe auf das europäische Mindestmaß abgesenkt werden, um Pendler und Firmen zu entlasten. Die Koalition will zudem bundesweit für 90 Tage ein Ticket für neun Euro pro Monat für den Öffentlichen Personennahverkehr einführen. Dazu sollen die Länder entsprechende Mittel bekommen.
Einmalbonus für jedes Kind und 200 Euro für Sozialleistungsempfänger
Zur Abfederung besonderer Härten für Familien soll schnellstmöglich für jedes Kind ergänzend zum Kindergeld ein Einmalbonus in Höhe von 100 Euro über die Familienkassen ausgezahlt werden. Der Bonus wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet. Die bereits beschlossene Einmalzahlung von 100 Euro für Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen soll um 100 Euro pro Person erhöht werden. Weiter hieß es, bei den jetzigen Energiepreisen sei davon auszugehen, dass zum 01.01.2023 die Regelbedarfe die hohen Preissteigerungen abbilden und damit angemessen erhöht werden.
Maßnahmen für mehr Energieeffizienz
Um in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen Weg für Direktzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen, werde die Bundesregierung möglichst noch in diesem Jahr einen Auszahlungsweg über die Steuer-ID für ein Klimageld entwickeln. Die Koalition verständigte sich außerdem auf Maßnahmen für mehr Energieeffizienz. Das soll auch dazu beitragen, im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine die Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland zu verringern. Ab dem Jahr 2024 soll daher jede neu eingebaute Heizung zu 65% mit erneuerbaren Energien betrieben werden – im Koalitionsvertrag war das bisher zum 01.01.2025 vorgesehen. Es soll zudem der Rahmen dafür geschaffen werden, dass Eigentümerinnen und Eigentümer von Immobilien ihre über 20 Jahre alten Heizungsanlagen austauschen können. Außerdem soll eine große Wärmepumpen-Offensive gestartet werden. Grünen-Chefin Ricarda Lang sprach von einem Ausstieg aus der Gasheizung. Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hatte mehr Anstrengungen beim Energiesparen als Bedingung für ein Entlastungspaket genannt. Er hatte zum Beispiel Gasheizungen als "Auslaufmodell" bezeichnet.
Lindner: Beweis für die Handlungsfähigkeit der Regierung
FDP-Chef Christian Lindner sieht in der Einigung der Koalitionsspitzen einen Beweis für die Handlungsfähigkeit der Regierung. "Die Koalition ist der Überzeugung, dass wir die Menschen und die Wirtschaft angesichts dieser enormen Preissteigerungen kurzfristig und befristet schützen müssen", sagte der Finanzminister. Grünen-Chefin Ricarda Lang sieht die Entlastungen als "energiepolitische Unabhängigkeitserklärung". Mit den Maßnahmen nehme man die Breite der Gesellschaft in den Blick. Es sei aber unklar, was noch komme, wahrscheinlich könne nicht jede Belastung aufgefangen werden. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil hat das Entlastungspaket als Beitrag zu sozialem Zusammenhalt und Stabilität in Deutschland bezeichnet. "Diese Regierung stellt das Interesse der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt", sagte er.
Zuvor in mehreren Runden keine Einigung
Eine Arbeitsgruppe der Koalition hatte zuvor in mehreren Runden keine Einigung über Erleichterungen in Reaktion auf steigende Preise erzielt. Man habe aber eine "breite Grundlage" nicht nur für neue Entlastungen, sondern auch für entschlossene Maßnahmen zur Stärkung der energiepolitischen Unabhängigkeit erarbeitet, hieß es. Die Koalition hatte sich im Februar vor Ausbruch des Ukraine-Krieges auf ein erstes Entlastungspaket geeinigt. Dieses sah unter anderem vor, die milliardenschwere EEG-Umlage über die Stromrechnung ab Juli abzuschaffen. Zuvor war dies für Anfang 2023 geplant. Außerdem ging es bei dem Paket um eine Erhöhung der Pendlerpauschale für Fernpendler.