Knackpunkte und Gemeinsamkeiten bei Schwarz-Gelb-Grün

Nach der Niedersachsen-Wahl Mitte Oktober 2017 dürften die Sondierungen der Jamaika-Koalitionäre CDU, CSU, FDP und Grüne losgehen. Ein Blick in die Wahlprogramme zeigt, wo es Überschneidungen gibt und wo es hapert.

Klimaschutz

Die Grünen treten in ihrem Wahlprogramm dafür ein, ab dem Jahr 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr neu zuzulassen. Die CSU wiederum will keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem ein Enddatum für den Verbrennungsmotor festgehalten ist. Die Liberalen halten nichts von einem Verbot von Verbrennungsmotoren. CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel sieht den Verbrennungsmotor allenfalls als eine Brückentechnologie an. Grünen-Chef Özdemir ließ aber erkennen, dass 2030 als Enddatum für Benziner und Diesel nicht durchsetzbar sein könnte, da man ja nicht allein regiere.

Energiepolitik

Hier könnten die Jamaika-Partner zusammenkommen, wenn alle Kompromisse machen. Die Grünen wollen die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerksblöcke sofort dicht machen und bis 2030 ganz aus der Kohle aussteigen. Die Union ist für einen Ausstieg zumindest aus der Braunkohle, ohne sich aber auf ein Datum festzulegen. Die FDP versteht sich als Partei des Wettbewerbs, des schlanken Staates und des freien Unternehmertums. Auch sie steht zu den Klimazielen von Paris und der EU, will aber Korrekturen und weniger Vorgaben. Beim Ausbau von Ökostrom dürfte es etliche Reibereien geben.

Landwirtschaft

Eine Einigung zum Thema "Landwirtschaft" könnte schwierig werden, etwa wenn es um Massentierhaltung und Agrar-Industrie geht. Die Union sieht sich eher an der Seite der traditionellen Bauern. Aber Gemeinsamkeiten gibt es hier durchaus – selbst zwischen den Grünen und der CSU.

Flüchtlings- und Einwanderungspolitik

Die Flüchtlings- und Einwanderungspolitik stellt sich als kompliziertes Feld dar. Hier dürften aber zumindest FDP und Grüne an einem Strang ziehen. Wenn es um Bürgerrechte geht und darum, die Union im Bestreben nach schärferen Sicherheitsgesetzen zu bremsen. Eine Begrenzung bei der Flüchtlingsaufnahme ist schon unter CDU und CSU heftig umstritten, die Grünen sind dagegen für einen erleichterten Familiennachzug. FDP und Grüne sind für ein Einwanderungsgesetz und ein Punktesystem zur Steuerung der Zuwanderung. Auch hier müssen sich zunächst vor allem CDU und CSU auf einen gemeinsamen Nenner verständigen.

Steuerpolitik

Bei der Steuerpolitik gibt es durchaus Schnittmengen. Versprechen, die Bürger zu entlasten, standen ohnehin im Wahlkampf nicht so im Mittelpunkt. Untere und mittlere Einkommen wollen alle Parteien entlasten – die einen mehr, die anderen weniger. Den "Soli" abzuschaffen, versprechen ebenfalls alle. Problematisch wird es, wenn es um Belastungen hoher Einkommen, Erbschaften und Vermögen geht. Die CSU schließt wieder einmal jegliche Steuererhöhungen aus und gibt sich als Schutzmacht für vermögende Firmenerben. Strittig sind auch das Ehegattensplitting und die Besteuerung von Kapital- und Zinserträgen.

Europapolitik

Auf dem Gebiet der Europapolitik sorgt vor allem die FDP im Ausland für Unruhe. Sie könnte – mit dem mächtigen Finanzministerium im Rücken – in einer neuen Regierung darauf dringen, bei den Euro-Regeln kompromissloser aufzutreten. Verhandlungen mit Frankreich und anderen Euro-Partnern über eine Reform der Eurozone werden mit den Liberalen nicht einfacher. Ein eigenes Eurozonenbudget, wie Frankreichs Präsident Macron vorschlägt, lehnt die FDP ab, das wäre ein "Länderfinanzausgleich " auf Kosten Deutschlands. Die Liberalen sind da mit der CSU eher auf einer Linie, Grüne und CDU auf der anderen Seite. Einen Reformerfolg in Frankreich wünschen sich alle Beteiligten. Einen gemeinsamen Haushalt der Eurozone lehnt die FDP ab. Die EU-Verträge wollen die Liberalen ändern, damit für ein Land bei einem Euro-Austritt nicht automatisch die EU-Mitgliedschaft erlösche.

Redaktion beck-aktuell, 2. Oktober 2017 (dpa).