Klimakleben ist Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte
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In Zukunft begründet "Klimakleben" laut KG zumindest im Berliner Gerichtsbezirk den Straftatbestand der Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte. Anders als das OLG Dresden sieht es in dem Auftragen des Klebers und dem Andrücken der Hand auf die Straße Gewalt.

Das AG Berlin-Tiergarten hatte einen Mann in zwei Fällen freigesprochen, der sich demonstrativ auf eine vielbefahrene Kreuzung gesetzt und seine Hände mit Kleber auf die Straße geklebt hatte, um den Verkehr lahm zu legen. Das Festkleben sollte es der Polizei erschweren, die Kreuzung wieder freizumachen. Die Staatsanwaltschaft erhob die Sprungrevision zum KG (Urteil vom 02.06.20253 ORs 22/25) – mit Erfolg, das AG wird erneut entscheiden müssen.  

Festkleben ist Widerstand

Das KG erkennt den Sekundenkleber als materielles Zwangsmittel an, das es der Polizei erschweren soll, die Sicherheit im Straßenverkehr wieder herzustellen. Das Auftragen des Klebers auf die Hand und das feste Andrücken auf die Straße sei Gewalt im Sinne des § 113 Abs. 1 StGB, weil diese Tathandlung geeignet sei, das Wegtragen des Beschuldigten als Störer zu erschweren. Der Mann habe nicht einfach von der Straße weggetragen werden können, vielmehr habe der betroffene Polizeibeamte erhebliche Kraft aufwenden müssen, um ihn von der Straße loszureißen und die Kreuzung von ihm zu befreien.

Die Berliner Richterinnen und Richter trafen ihre Entscheidung in Abgrenzung zu einem Urteil des OLG Dresden (Urteil vom 29.01.2025 - 6 ORs 21 Ss 132/24), das in einem vergleichbaren Fall eine "nicht ganz unerhebliche Kraftentfaltung" verneint hatte. In diesem Fall war die Polizei allerdings auch anders vorgegangen: Sie hatte die Hände der Demonstranten mit Öl und Zitronensaft von der Straße und gelöst und die Aktivisten anschließend fortgetragen.

Einig waren sich die Gerichte noch darin, für die Gewalthandlung nach § 113 StGB keinen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Tathandlung und die Erschwerung der Vollstreckungshandlung für erforderlich zu halten. Dem 3. Strafsenat des KG erscheint es aber willkürlich, zwischen den Fällen, in denen die Polizei die Hände mit chemischen Mitteln löst und solchen, in denen sie die Demonstranten buchstäblich an den Händen reißen, zu unterscheiden. Denn dann hinge die objektive Strafbarkeit des Festklebens von der Reaktion der Polizisten ab. Und je nachdem, mit welcher Vorstellung über die Lösungsmittel der Polizei die Aktivisten ihre Hände festkleben, würden sie vorsätzlich handeln oder nicht. Das KG wirft dem OLG Dresden insoweit eine extreme Subjektivierung des Tatbestands vor, die es nicht mitgeht.

KG, Urteil vom 02.06.2025 - 3 ORs 22/25

Redaktion beck-aktuell, rw, 22. Juli 2025.

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