Klagen gegen hessische Heimatumlage bleiben erfolglos

Der Staatsgerichtshof des Landes Hessen hat die kommunalen Grundrechtsklagen der Gemeinde Biebergemünd, der Städte Büdingen, Schwalbach am Taunus und Stadtallendorf sowie der Stadt Frankfurt am Main gegen die sogenannte Heimatumlage am Mittwoch zurückgewiesen. Die Bestimmungen beruhen nach Ansicht des StGH auf Gründen des Gemeinwohls. Denn sie sollen die erheblichen Unterschiede beim Gewerbesteueraufkommen der hessischen Kommunen verringern.

Heimatumlage Eingriff in Selbstverwaltungsrecht?

Die Antragstellerinnen hatten sich gegen das Gesetz über das Programm "Starke Heimat Hessen" vom 31.10.2019 gewandt, durch das sie sich in ihrem durch Art. 137 der Hessischen Verfassung garantierten kommunalen Selbstverwaltungsrecht sowie in ihrem Recht auf kommunale Gleichbehandlung verletzt sehen. Durch das angegriffene Gesetz führte das Land Hessen die umstrittene Heimatumlage ein. Diese trat an die Stelle der zuvor von den Kommunen zu leistenden, bundesgesetzlich geregelten erhöhten Gewerbesteuerumlage. Die Heimatumlage ist von den Gemeinden zu zahlen und fließt im Wesentlichen unmittelbar an die Kommunen über den kommunalen Finanzausgleich zurück.

Horizontale Finanzumlage nicht ausgeschlossen

Das kommunale Selbstverwaltungsrecht des Art. 137 Abs. 1 und Abs. 3 Satz1 HV und die staatliche Pflicht zur Durchführung eines kommunalen Finanzausgleichs nach Art. 137 Abs. 5 HV schließen nach Ansicht des Gerichtshofs eine gesetzliche kommunale horizontale Finanzumlage wie die Heimatumlage, die auf das kommunale Gewerbesteueraufkommen zugreift und für bestimmte kommunale Zwecke erhoben wird, nicht aus. Grundvoraussetzung eines jeden gesetzlichen Eingriffs in das kommunale Selbstverwaltungsrecht des Art. 137 Abs. 1 HV sei, dass das eingreifende Gesetz auf Gründen des Gemeinwohls beruht und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügt. Darüber hinaus müsse der Gesetzgeber bei der Erhebung von Umlagen insbesondere den Anspruch der Kommunen auf eine angemessene Finanzausstattung beachten. Außerdem seien die Gebote der kommunalen Gleichbehandlung und der Systemgerechtigkeit zu beachten.

Gesetz genügt Anforderungen

Die angegriffenen Bestimmungen beruhen nach Auffassung des StGH auf Gründen des Gemeinwohls, indem sie das Ziel der Verringerung der zum Teil erheblichen Unterschiede des Gewerbesteueraufkommens der hessischen Kommunen und zugleich die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in den hessischen Kommunen verfolgen.

Kein Verstoß gegen Art.  106 Abs. 6 GG

Eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechts der Antragstellerinnen aus Art. 137 HV folge auch nicht aus einem Verstoß der angegriffenen Bestimmungen gegen Art. 106 Abs. 6 GG. Nach der Rechtsprechung des StGH gehören Vorschriften des Grundgesetzes prinzipiell nicht zum Prüfungsmaßstab des StGH. Ob ausnahmsweise die Frage einer Verletzung des Art. 106 GG mittelbar relevant sein könnte für die Prüfung der Heimatumlage am Maßstab der Hessischen Verfassung, habe der StGH vorliegend nicht beantworten müssen. Denn die Einführung der Heimatumlage durch den Hessischen Gesetzgeber verstoße im Ergebnis bereits nicht gegen Art. 106 Abs. 6 GG. Bei der Heimatumlage handele es sich um eine horizontale, im kommunalen Raum verbleibende Umlage, für die Art. 106 Abs. 6 GG keine näheren normativen Vorgaben treffe.

Kein Fehler bei Ermittlung des Finanzbedarfs

Mit den angegriffenen Bestimmungen habe der Landesgesetzgeber auch nicht gegen die Pflicht des Landes zur Durchführung eines verfassungskonformen kommunalen Finanzausgleichs nach Art. 137 Abs. 5 HV verstoßen. Bei der Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs dürfe der Gesetzgeber auch einen horizontalen Finanzausgleich zwischen den Kommunen vorsehen. Dem Gesetzgeber sei dabei auch kein Fehler bei der Ermittlung des Finanzbedarfs der Kommunen vorzuwerfen. Das im Hessischen Finanzausgleichsgesetz gewählte kommunale Finanzbedarfsermittlungsmodell trage auch die Erhebung und Verwendung der Heimatumlage. Auch die Rügen der Antragstellerinnen, die angegriffenen Bestimmungen veränderten die Finanzkraftreihenfolge der Gemeinden, würden nicht durchgreifen.

Kein unzulässiger "Nebenfinanzausgleich"

Die Regelungen verletzten auch nicht die Gebote der kommunalen Gleichbehandlung und der Systemgerechtigkeit. Das Gesetz über das Programm "Starke Heimat Hessen" schaffe keinen unzulässigen "Nebenfinanzausgleich". Das Heimatumlagegesetz sei eng mit dem durch das Hessische Finanzausgleichsgesetz geschaffenen System des kommunalen Finanzausgleichs verzahnt. Dem Gesetzgeber stehe bei der Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs ein großer Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum zu, den er mit der Einführung der Heimatumlage und deren Integration in das System des kommunalen Finanzausgleichs nicht überschritten habe.

Bestimmtheitsgebot nicht verletzt

Ebenso wenig würden die angegriffenen Bestimmungen gegen das Bestimmtheitsgebot verstoßen. An die Bestimmtheit von Gesetzen, die in das kommunale Selbstverwaltungsrecht eingreifen, seien geringere Anforderungen zu stellen als an Gesetze, die in die Grundrechte der Bürger eingreifen. Gesetzliche kommunale horizontale Finanzumlagen genügten daher dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot, wenn der umlagebegründende Tatbestand, der Kreis der Umlageschuldner, der Umlagemaßstab, der Erhebungszeitpunkt und der Erhebungszeitraum im Gesetz hinreichend bestimmt geregelt seien. Dies sei vorliegend der Fall. Hingegen verlange das Bestimmtheitsgebot nicht, dass auch die Verwendung des Umlageaufkommens im Detail geregelt wird.

Redaktion beck-aktuell, 12. Oktober 2022.