Streitwert zu niedrig: Bei Honorarvereinbarung kann sich auch die Partei beschweren
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Normalerweise monieren Mandanten eine zu niedrige Streitwertfestsetzung eher nicht. Mangels Nachteil haben sie auch kein Beschwerderecht. Anders jedoch, so das KG, wenn der erfolgreiche Mandant eine über den gesetzlichen Gebühren liegende Honorarvereinbarung geschlossen hat: Sein Verlust sinke mit dem höheren Streitwert. 

Die Inhaberin einer Lkw-Flotte hatte schon vor Beginn des Rechtsstreits mit ihren Anwälten eine Vergütungsvereinbarung getroffen, welche die gesetzlich geschuldete Rechtsanwaltsvergütung überstieg. In der – anschließend gewonnenen – Kartellsache ging es um rückständige Maut-Aufstellungen. Nachdem das LG den Streitwert auf 16.000 Euro festgesetzt hatte, legte das Unternehmen eine Streitwertbeschwerde ein.

Das KG kam zu dem Ergebnis, dass sich die Partei in dieser Konstellation selbst gegen die Festsetzung zur Wehr setzen durfte, die Beschwerde also zulässig ist (Beschluss vom 27.09.2024 – W 3/24 Kart). Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache war der Kartellsenat dabei davon überzeugt, dass die Honorarvereinbarung vor Einleitung des Streitverfahrens getroffen worden war.

Normalerweise könne sich eine Partei nicht selbst gegen eine zu niedrige Streitwertfestsetzung wehren. Insoweit habe der BGH argumentiert, dass eine Partei nicht – ohne eigenen wirtschaftlichen Vorteil davon zu haben – das finanzielle Risiko des Gegners durch die Streitwertbeschwerde hochtreiben dürfe. Die Berliner Richterinnen und Richter lehnten jedoch, im Gegensatz zum Beispiel zum OLG Nürnberg, eine Übertragung dieses Gedankens auf die Fälle der Honorarvereinbarung ab.

Aufgrund der bestehenden Vereinbarung habe der eigene Anwalt kein eigenes wirtschaftliches Interesse an einer Erhöhung des Streitwerts. Da die Erstattung aber nur bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren erfolge, müsse die Mandantin hier in jedem Fall einen Verlust hinnehmen. Insoweit sei aber die Höhe des Streitwerts der entscheidende Faktor dafür, bis zu welchem Prozentsatz der vereinbarten Gebühren der Gegner die Anwaltskosten der Firma refinanzieren müsse. Insofern sei die Inhaberin der Lkw-Flotte durch die Streitwertfestsetzung beschwert. Die gegenteilige Sichtweise erscheine insofern unbillig, als sie zu einer ungerechten "Überprivilegierung des unterliegenden Gegners" führen würde.

Der Senat erhöhte den Streitwert auf 45.180 Euro.

KG, Beschluss vom 27.09.2024 - W 3/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 11. Dezember 2024.