Versicherung muss für aus Bode-Museum gestohlene Goldmünze Millionenbetrag zahlen

Der Eigentümer der im März 20217 aus dem Bode-Museum in Berlin gestohlenen Goldmünze "Big Maple Leaf" hat einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 1,26 Millionen Euro gegen die beklagte Versicherungsgesellschaft. Dies geht aus einer heute veröffentlichten Entscheidung des Kammergerichts hervor. Das Landgericht Berlin hatte die auf Zahlung von 3,36 Millionen Euro gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers war damit teilweise erfolgreich.

Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Streithelferin

Der Versicherer zahlte dem Eigentümer nach dem Diebstahl der Goldmünze nur 20% der Versicherungssumme aus. Gegen das klageabweisende Urteil des LG legten sowohl der Kläger als auch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Trägerin des Bode-Museums (Streithelferin des Verfahrens auf Klägerseite) Berufung zum KG ein.

Eintritt des Versicherungsfalles unstreitig

Das KG begründete seine Entscheidung vom 30.04.2021 damit, dass das Bestehen eines Versicherungsvertrages zwischen dem Kläger und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sowie der Eintritt des Versicherungsfalles durch die Entwendung der versicherten Goldmünze im Jahr 2017 jeweils unstreitig seien. Auch seien die Ermittlungen zum Sachverhalt abgeschlossen, sodass der Anspruch auf Zahlung der Versicherungsleistung auch fällig sei.

Wegen Gefahrerhöhung Kürzung der Leistung um 50%

Allerdings sei die beklagte Versicherungsgesellschaft gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 VVG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 2 VVG berechtigt, ihre Leistung um 50% zu kürzen. Der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Versicherungsnehmerin habe nämlich grob fahrlässig die Anzeige einer eingetretenen Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 3 VVG unterlassen. Der Defekt der Fensterflügel in dem Herrenumkleideraum im Bode-Museum sei eine anzeigepflichtige Gefahrenerhöhung gewesen. Dieser Defekt habe dazu geführt, dass die Öffnungssicherung der elektronischen Sicherungsüberwachung nicht mehr funktioniert, sondern stets einen Alarm wegen einer Öffnung des Fensters in diesem Raum angezeigt habe. Deswegen sei das Fenster im Herrenumkleideraum aus der Öffnungssicherung herausgenommen worden, um die Alarmanlage mit der Öffnungssicherung wenigstens in den übrigen aufgeschalteten Räumen wieder in Betrieb nehmen zu können.

Wahrscheinlichkeit eines Einbruchs erhöht

Dieser Umstand habe zu einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit eines Einbruchs in das Museum mit dem Ziel eines Diebstahls der Münze geführt und sei auch nicht durch andere Umstände kompensiert worden. Gegenüber anderen Fenstern des Bode-Museums habe zudem bezüglich des Fensters dieses Umkleideraumes eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit der Möglichkeit des Eindringens von Tätern in das Gebäude bestanden, weil sich unter diesem Fenster ein Vorbau befinde, der über eine aufgestellte Leiter von der Bahntrasse aus für Täter zu erreichen gewesen sei.

Beklagte hätte Einzelpolice wohl nicht mit konkretem Inhalt abgeschlossen

Das KG ist daher davon überzeugt, dass die Beklagte die Einzelpolice nicht mit dem konkreten Inhalt abgeschlossen hätte, wenn sie von einer dauerhaften Deaktivierung der Öffnungssicherung am Fenster im Umkleideraum gewusst hätte. Im Ergebnis sei der Versicherungsvertag daher so auszulegen, dass zumindest alle bei Vertragsschluss vorhandenen Sicherungen voll gebrauchsfähig zu erhalten und zu betätigen seien.

Frist zur Anzeige der Gefahrerhöhung schon lange verstrichen

Die besonders grobe Verletzung der Anzeigepflicht liege darin begründet, dass es die Stiftung Preußischer Kulturbesitz nach Eintritt der Gefahrerhöhung im Laufe des Jahres 2014 dennoch über Jahre hinweg unterlassen habe, diese Anzeige zu erstatten. Die Frist zur Anzeige der Gefahrerhöhung sei damit bei Eintritt des Versicherungsfalls im März 2017 bereits lange – deutlich länger als der zulässige eine Monat – abgelaufen gewesen. Der Beklagten sei dagegen diese Gefahrerhöhung bis zum Eintritt des Versicherungsfalls nicht bekannt gewesen, sondern erst bei der Bearbeitung des Versicherungsfalls nach dem März 2017 bekannt geworden. Bei der Berücksichtigung und Abwägung aller vorgetragenen Umstände hielt daher das KG eine Leistungskürzung durch die Beklagte um 50% für angemessen, aber auch ausreichend.

Offene Forderung in Höhe von 1,26 Millionen Euro

Bei einem Versicherungswert der entwendeten Goldmünze in Höhe von 4,2 Millionen Euro entspräche die Leistungskürzung um 50% einem Betrag von 2,1 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorprozessual bereits gezahlten 840.000 Euro verbleibe eine offene Forderung in Höhe von 1,26 Millionen Euro, sodass das KG die beklagte Versicherungsgesellschaft zur Zahlung dieser Summe nebst Zinsen verurteilt hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.

KG, Urteil vom 30.04.2021 - 6 U 1015/20

Redaktion beck-aktuell, 26. Mai 2021.