Kollision zwischen Fahrrad und Kettcar auf Tempelhofer Feld
Der Kläger fuhr im März 2015 mit seinem Fahrrad auf einer etwa 10 bis 15 Meter breiten Außenbahn des ehemaligen Flugplatzes Tempelhof, die um die ehemaligen Start- und Landebahnen herumführt. In der Mitte dieser Außenbahn fuhr auch eine Gruppe von Kindern im Alter von acht bis vierzehn Jahren mit Kettcars nebeneinander. Das ganz rechte Kettcar, das vier Personen Platz bot, wurde von einem Kind gelenkt. Hinten rechts saß der Betreuer der Gruppe. In der Folge kam es zu einem Zusammenstoß dieses Kettcars mit dem von hinten herannahenden Kläger, der dadurch über den Lenker seines Fahrrads fiel. Die weiteren Umstände des Unfalls sind zwischen den Parteien streitig.
Kläger begehrte Schmerzensgeld
Der Kläger erlitt bei dem Unfall Frakturen im linken Ellenbogen und an dem Mittelhandknochen einer Hand. Er klagte gegen den Arbeitgeber des Betreuers der Gruppe und begehrte Schmerzensgeld sowie die Feststellung, dass die Beklagte für alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall einzustehen habe. Der Kläger behauptete, dass das Kettcar, mit dem er zusammengestoßen sei, wie auch die anderen Kettcars plötzlich und für ihn unvorhersehbar, schräg nach rechts ausgeschert seien. Der von ihm eingehaltene Sicherheitsabstand von fünf bis sieben Metern sei dadurch aufgebraucht worden.
LG Berlin: Kein Fehlverhalten des Betreuers feststellbar
Das Landgericht Berlin wies die Klage ab, da sich ein Fehlverhalten des Betreuers nicht habe feststellen lassen. Dagegen legte der Kläger Berufung ein und behauptete ergänzend, der Betreuer habe den Kläger wahrgenommen und trotzdem das Kommando "und jetzt alle nach rechts" gegeben, woraufhin der Fahrer das Kommando wiederholt habe und alle Kettcars ungefähr in einem Winkel von 45 Grad nach rechts gefahren seien.
KG: Tempelhofer Feld für öffentlichen Straßenverkehr geöffnet
Das KG hat die Berufung zurückgewiesen. Dem Betreuer sei nicht vorzuwerfen, dass er den Kindern gestattet habe, mit den Kettcars auf der Außenbahn des Tempelhofer Feldes zu fahren. Das Gelände sei für den öffentlichen Straßenverkehr geöffnet. Insoweit komme es weder auf die Eigentumsverhältnisse noch auf eine Straßenwidmung an. Maßgeblich sei vielmehr, dass das Tempelhofer Feld während der Öffnungszeiten allgemein zugänglich gemacht worden sei.
Rücksichtnahmegebot auf Tempelhofer Feld zu beachten
Kettcars müssten sich auf einer regulären Straße an die für Fußgänger geltenden Vorschriften der Straßenverkehrsordnung halten, also innerhalb geschlossener Ortschaften den rechten Fahrbahnrand nutzen. Laut KG ist diese Vorschrift auf dem ehemaligen Flughafengelände aber nicht anzuwenden. Denn es sei nicht jeder Verkehr zugelassen und die Fläche diene nicht dem fließenden Verkehr, sondern der Freizeitgestaltung. Die Verkehrsteilnehmer müssten allerdings die Grundregel der Straßenverkehrsordnung, das Rücksichtnahmegebot, einhalten, mithin stets Vorsicht und gegenseitige Rücksicht walten lassen und andere nicht gefährden.
Rücksichtnahmegebot durch Betreuer nicht verletzt
Nach der Überzeugung des KG hat der Betreuer diese Grundregel nicht verletzt. Der Betreuer habe den Verlauf des Unfalls so, wie vom Kläger behauptet, in seiner Vernehmung nicht bestätigt. Er habe ausgesagt, dass er nur den Lenker des Kettcars, das mit dem Kläger zusammengestoßen sei, angewiesen habe, nach rechts zu lenken, um einem links fahrenden Kettcar auszuweichen. Das sei nicht zu beanstanden. Der Kläger habe mit einer solchen Reaktion rechnen müssen, denn bei Gruppenfahrten sei zu erwarten, dass einzelne Fahrzeuge ihre Spur verändern.