Streitwert für unverlangt an Rechtsanwalt verschickte Werbemails

Welcher Gegenstandswert wird fällig, wenn man sich gegen unverlangt bei der Kanzlei eingegangene Werbemails wehrt? Das KG ging zugunsten eines sich selbst vertretenden Anwalts von 3.000 Euro pro Nachricht aus – eine zeitnah folgende Mail wurde mit einem weiteren Zehntel angesetzt.

Ein Rechtsanwalt hatte verschiedene in Frankreich ansässige Gesellschaften in eigener Sache verklagt, ihm keine Werbemails mehr zukommen zu lassen. Insgesamt hatten ihm fünf Firmen jeweils eine Werbemail geschickt, zwei von ihnen ließen sogar eine weitere Nachricht folgen. Vor Gericht verlangte er Ersatz für die Kosten seiner außergerichtlichen Rechtsverfolgung. Das Landgericht Berlin setzte den Gebührenstreitwert auf 3.750 Euro fest. Dagegen legte der sich selbst vertretende Anwalt Beschwerde ein und setzte einen Wert von 30.000 Euro an. Das Kammergericht gab ihm überwiegend Recht.

Der 5. Zivilsenat des KG setzte den Streitwert nach § 48 Abs. 1 S. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO auf 18.300 Euro fest (Beschluss 04.05.2023 – 4 W 6/23, 5 W 6/23). Der Wert einer unerbetenen Werbe-E-Mail im Rahmen einer Unterlassungsklage liege, so das Berliner Gericht, bei 3.000 Euro pro E-Mail-Schreiben. Dies ergebe dann bei sechs Werbe-E-Mails à 3.000 Euro plus 300 Euro für eine Folgemail vor Abmahnung einen Streitwert von 18.300 Euro.

Der Auffassung des LG, dem Juristen stehe nur ein Bruchteil des Werts – nämlich nur 1/4 – zu, weil zwischen dem Eingang der streitbefangenen E-Mails bei ihm und der gerichtlichen Geltendmachung der Unterlassungsansprüche des Hauptsacheverfahrens ein längerer Zeitraum verstrichen sei, folgte das KG nicht. Der für die Bemessung des Gegenstandswertes maßgebliche "Angriffsfaktor", für den hier insbesondere die von dem Eingang unerwünschter Werbung beim Adressaten ausgehende Belästigung maßgeblich sei, verliere nicht allein deshalb an Gewicht, weil der Adressat der E-Mail mit der gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche längere Zeit gewartet habe.

Für die beiden Nachfolgemails setzte das Kammergericht unterschiedliche Werte an: Die erste Mail führte lediglich zu einem Aufschlag von 10%. Sie war kurz nach dem vorigen Text versandt worden und hatte dadurch keine eigene Bedeutung. Die zweite Folgenachricht war erst verschickt worden, nachdem die Firma bereits abgemahnt worden war. Diese Hartnäckigkeit führte dazu, dass das KG vom vollen Wert ausging.

KG, Beschluss vom 04.05.2023 - 4 W 6/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 11. Dezember 2023.