Anmerkung von
Rechtsanwalt Ottheinz Kääb, LL.M., Fachanwalt für Verkehrsrecht und für Versicherungsrecht,
Rechtsanwälte Kääb Bürner Kiener & Kollegen, München
Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 10/2018 vom 24.05.2018
Diese Urteilsbesprechung ist Teil des zweiwöchentlich erscheinenden Fachdienstes Straßenverkehrsrecht. Neben weiteren ausführlichen Besprechungen der entscheidenden aktuellen Urteile im Straßenverkehrsrecht beinhaltet er ergänzende Leitsatzübersichten und einen Überblick über die relevanten neu erschienenen Aufsätze. Zudem informiert er Sie in einem Nachrichtenblock über die wichtigen Entwicklungen in Gesetzgebung und Praxis des Straßenverkehrsrechts. Weitere Informationen und eine Schnellbestellmöglichkeit finden Sie unter www.beck-online.de
Sachverhalt
Auf einem Radweg, der 1,75 Meter breit ist, wurde ein Radfahrer von einem anderen Radfahrer überholt. Dabei kam es zu einer Berührung. Der Überholte stürzte, verletzte sich und verlangt nun vom Überholer Schadenersatz.
Diesen verneinte das Landgericht. Der Überholte legte Berufung ein, die er damit begründete, dass der überholende Beklagte gar nicht hätte überholen dürfen, weil er den Sicherheitsabstand nicht habe einhalten können. Außerdem hätte er sein beabsichtigtes Manöver durch Klingeln vorher anzeigen müssen. Zudem habe er sein Verschulden letztlich dadurch zugegeben, dass er im Strafverfahren eine Geldbuße von 500 EUR bezahlt habe, um so eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO zu erreichen.
Rechtliche Wertung
Mit all den vorgetragenen Argumenten setzt sich das Kammergericht in dem hier vorliegenden Hinweisbeschluss eingehend auseinander. Die Zahlung eines geforderten Geldbetrags im Strafverfahren, um eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen, könne nicht zum Nachteil des Beklagten ausgelegt werden, denn der Beklagte habe die Belastungen eines Strafverfahrens gescheut. Dies sei ein verständliches Motiv für die Zustimmung zur Einstellung.
Der Sicherheitsabstand dürfe nicht von den Endspitzen der Lenker gerechnet werden, sondern von Schulter zu Schulter und auf dieser Grundlage habe die Breite von 1,75 Meter des Radwegs ausgereicht, um gefahrlos zu überholen. Das beabsichtigte Überholmanöver habe schließlich auch nicht angekündigt werden müssen. Das sei nur notwendig, wenn besondere Umstände etwa dadurch vorlägen, dass der Weg unübersichtlich oder besonders schmal sei oder dass der zu Überholende erkennbar unsicher fahre. Solche Umstände hätten hier aber nicht vorgelegen.
Praxishinweis
Die Entscheidung stellen wir hier vor, weil sie für die Praxis wesentlich ist. Über Sicherheitsabstände sehr vieler Verkehrsteilnehmer untereinander wird sehr häufig gestritten (zuletzt ging es noch um Abstände zu einem stehenden Pferd) und deshalb ist auch die Meinung zu Abständen von Radfahrern untereinander durchaus von nicht unerheblicher Bedeutung.
Das Gericht wies die Berufung schließlich am 09.04.2018 durch Beschluss zurück (BeckRS 2018, 7500). Wir verweisen hier vorrangig auf den Hinweisbeschluss, da dieser die ausführlichere Begründung enthält.