Warten auf den EuGH: Zulässige Beschwerde gegen Aussetzung

Gegen die Aussetzung eines Verfahrens im Hinblick auf eine zu erwartende Entscheidung des EuGH in einem fremden Verfahren hält das KG die sofortige Beschwerde nach § 252 ZPO für zulässig. Dadurch könne zumindest überprüft werden, ob eine die Aussetzung rechtfertigende "Parallelsache" vorliege.

Ein Internetnutzer zog wegen verlorener Glücksspiel-Einsätze in Höhe von rund 6.400 Euro gegen einen Internetanbieter vor Gericht. Das LG hatte den Rechtsstreit bis zur Klärung zweier – fremder – Verfahren beim EuGH sowie beim BGH ausgesetzt, weil in diesen Verfahren eine Klärung maßgeblicher Fragen zu erwarten sei, etwa zur Frage der Nichtigkeit der Spielverträge und zur Reichweite von § 817 Satz 2 BGB. Der Spieler war der Ansicht, dass die Voraussetzungen einer Aussetzung nach § 148 ZPO nicht vorliegen, und legte die sofortige Beschwerde ein: Das Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH sei für das vorliegende Verfahren nicht vorgreiflich. Das LG half dem Rechtsbehelf nicht ab und legte die Sache dem KG zur Entscheidung vor.

Das KG entschied sich in dieser Konstellation zwar für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde nach § 252 ZPO, bestätigte im Ergebnis jedoch die Entscheidung des LG (Beschluss vom 17.05.2024 – 21 W 5/24). Im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit ließ das Gericht aufgrund abweichender Entscheidungen die Rechtsbeschwerde zu.

Unstreitig gebe es keine Beschwerde gegen Aussetzungsbeschlüsse im Zusammenhang mit einer Vorlage an den EuGH (oder das BVerfG) in eigener Sache. Das Instanzgericht solle seine Prozessentscheidungen ohne Steuerung von außen, so auch durch eine höhere Instanz, treffen. Verlange die Partei aber, wie hier, dass nicht mit Blick auf ein anderes Vorlageverfahren in einem fremden Fall gewartet werde, halten die Berliner Richterinnen und Richter solche sogenannten isolierten Aussetzungsbeschlüsse für anfechtbar.

Vorgreiflichkeit der Parallelsache muss überprüfbar sein

"Der in § 252 ZPO verankerte Justizgewährungsanspruch gebietet es in einer solchen Konstellation zum Schutz der Parteien, zumindest überprüfen lassen zu können, ob die Voraussetzungen für eine Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit der Parallelsache gegeben sind", urteilte das KG. Dabei beschränke sich der Prüfungsmaßstab des Beschwerdegerichts – mit Blick auf die Entscheidungsprärogative der Vorinstanz – aber darauf, ob ein Aussetzungsgrund nach § 148 ZPO vorliege und ob die Vorinstanz die Grenzen des eingeräumten Ermessens eingehalten und dieses fehlerfrei ausgeübt habe, was hier der Fall gewesen sei.

KG, Beschluss vom 17.05.2024 - 21 W 5/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 24. Mai 2024.