Die fachliche Unabhängigkeit ist gegeben, aber nicht die persönliche, so lautet das Urteil der Berliner Richterinnen und Richter im Fall eines angestellten Anwalts, der sich auf eine von 157 in der Hauptstadt ausgeschriebenen Notarstellen beworben hatte.
Dabei liest sich dessen Vita beeindruckend: Zweites Staatsexamen mit "vollbefriedigend" (11,15 Punkte), direkt nach Zulassung als Anwalt die Anstellung bei einer Rechtsanwaltspartnerschaft in Berlin. Nach sieben Jahren als Associate dann 2014 die Beförderung zum "Counsel" und schließlich 2020 die ebenfalls mit „vollbefriedigend“ (9,28 Punkte) bestandene notarielle Fachprüfung. Die Kanzlei kam ihm bei seinem Wunsch, Notar zu werden, auch entgegen: Im Arbeitsvertrag wurde seine Unabhängigkeit bei der Führung der Notargeschäfte ausdrücklich festgeschrieben. Der Anwalt erhielt dann auch seine Ernennung zum Notarverwalter für ein Jahr. Doch obwohl dafür dieselben Anforderungen gelten, flatterte nur vier Tage später der ablehnende Bescheid für die Ernennung zum Notar ins Haus.
KG: Ein Angestellter ist nicht unabhängig
Der Präsident des KG als zuständige Stelle für die Besetzung von Notarstellen attestierte dem Juristen eine fehlende persönliche Eignung: Seine Tätigkeit als Angestellter schließe eine Ernennung aus.
Auch der Notarsenat des KG (Urteil vom 23.01.2024 – AR 3/23 Not) konnte den inhaltlichen Widerspruch der Bescheide nicht auflösen. Aufgrund der fehlenden persönlichen Unabhängigkeit habe der Präsident die Bewerbung als Notar aber zu Recht zurückgewiesen, so die Richterinnen und Richter. Sie verwiesen auf § 14 Abs. 2 S. 2 BNotO, wonach Unabhängigkeit und Unparteilichkeit die zentralen Prinzipien des Notarberufs seien. Nach herrschender Auffassung, der sich der Senat anschließe, sei die Tätigkeit als angestellter Anwalt mit dem Amt als Notar grundsätzlich unvereinbar.
Die Verweise des Anwalts auf seinen gestiegenen Entscheidungsspielraum in der Stellung als "Counsel" wie auch auf seine wirtschaftliche Unabhängigkeit durch gutes Einkommen und Vermögen akzeptierten die Richterinnen und Richter nicht. Letztlich bleibe er – anders als ein unternehmerisch tätiger Partner – in einem Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Arbeitgeber. Zwar müsse auch der Partner Rücksicht auf seine Kompagnons nehmen. Zwischen ihnen bestehe aber kein Über- und Unterordnungsverhältnis mit Weisungsrecht.
Ergänzend wies das KG darauf hin, dass der Präsident seine Bedenken vor Erlass des Bescheids offen mitgeteilt habe. Der Anwalt habe sich frei dafür entschieden, sein Anstellungsverhältnis nicht anzupassen.