KG bestätigt Verurteilung Berliner Frauenärztin wegen unzulässiger Werbung für Schwangerschaftsabbrüche

Das Kammergericht hat am 19.11.2019 die Revision einer Berliner Frauenärztin gegen ihre Verurteilung wegen unzulässiger Werbung für Schwangerschaftsabbrüche nach § 219a StGB verworfen. Jegliche Zusatzinformationen, die über die bloße Tatsache der Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen oder Hinweise auf Informationen der in § 219a Abs. 4 Nr. 2 StGB genannten Institutionen hinausgingen, seien nach dem Willen des Gesetzgebers unzulässig. Damit ist ein Urteil des Amtsgericht Berlin-Tiergarten rechtskräftig. Das Verfahren gegen eine Kollegin der Ärztin hat das KG hingegen an das AG zurückverwiesen (Az.: 3 - 80/19 und 3 - 81/19).

AG verurteilte Angeklagte zu Geldstrafe

Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hatte beide Ärztinnen im Juni 2019 zu Geldstrafen von jeweils 20 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt, weil sie durch das Angebot eines "medikamentösen, narkosefreien" Schwangerschaftsabbruchs "in geschützter Atmosphäre" auf der Internetseite ihrer Gemeinschaftspraxis den Tatbestand des § 219a StGB erfüllt hätten. Auch der reformierte § 219a StGB stelle nach dem Willen des Gesetzgebers die Information über die Arten und Umstände eines Schwangerschaftsabbruchs unter Strafe. Die Angeklagte legten jeweils Revision ein.

KG: Information über Art und Umstände des Schwangerschaftsabbruchs unzulässig

Das KG hat die Revision der Angeklagten Bettina G. verworfen und die Rechtsauffassung des AG bestätigt. Bei der von den Angeklagten ins Internet gestellten Erklärung handele es sich eben nicht lediglich um "eine neutrale Informationsbereitstellung", wie von der Verteidigung in der Revision vorgebracht. Nach der hier allein einschlägigen Nr. 1 des § 219a Abs. 4 StGB solle nach dem Willen des Gesetzgebers eine Tathandlung nur dann straflos bleiben, wenn über die bloße Vornahme des Eingriffs informiert werde. Im vorliegenden Fall aber sei auch auf die angewandte Behandlungsmethode hingewiesen und der Zusatz auf die Durchführung "in geschützter Atmosphäre" hinzugefügt worden, wodurch der Straftatbestand der unzulässigen Werbung erfüllt sei.

Wille des Gesetzgebers zu respektieren

Laut KG wollte der Gesetzgeber bei der Reform des § 219a StGB lediglich die bloße Information durch Ärzte, dass sie Abbrüche durchführen, entkriminalisieren. Frauen in Konfliktlagen habe es ermöglicht werden sollen, sich ohne Zeitverzögerung über die Ärzte und Einrichtungen kundig zu machen, wo sie straffrei Abbrüche vornehmen könnten. Ausgehend von dieser Motivation des Gesetzgebers blieben alle Zusatzinformationen, die über die bloße Tatsache der Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen oder Hinweise auf Informationen der in § 219a Abs. 4 Nr. 2 StGB genannten Institutionen hinausgingen, weiterhin strafbewehrt. Im Gesetzgebungsverfahren sei zwar erwogen worden, Ärzten die Möglichkeit einzuräumen, auch über die angewandten Behandlungsmethoden zu informieren. Hierfür habe sich aber keine parlamentarische Mehrheit gefunden. Dieser Wille sei zu respektieren.

Eingriff in Berufsausübungsfreiheit minimal und hinzunehmen

Nach Auffassung des KG fordert auch die Verfassung keine andere Auslegung. Der Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung der Ärzte nach Art. 12 Abs. 1 GG sei minimal und angesichts des gesetzgeberischen Zwecks hinzunehmen, der Kommerzialisierung und der Darstellung eines Schwangerschaftsabbruchs als etwas Normalem entgegen zu wirken.

Zweites Verfahren an AG zurückverwiesen

Die Revision der ebenfalls verurteilten Verena W. hatte dagegen Erfolg. Das KG hat das Verfahren zur erneuten Verhandlung an eine andere Abteilung des AG zurückverwiesen. In diesem Fall gehe es nicht um die grundsätzliche Frage der Strafbarkeit nach § 219a StGB, sondern um eine rechtliche Frage im Zusammenhang mit dem Umstand, dass nach den gerichtlichen Feststellungen nur die Angeklagte G. die Schwangerschaftsabbrüche tatsächlich als eigene Leistung angeboten hat.

KG, Urteil vom 19.11.2019 - 3 - 80/19

Redaktion beck-aktuell, 2. Dezember 2019.