Nach Verfügung gegen X: Richter des LG Berlin wegen Befangenheit abgelehnt

Anfang Februar sorgte eine Eilentscheidung des LG Berlin II für Aufsehen, in der das Gericht anordnete, dass die Plattform X NGOs Zugang zu öffentlich verfügbaren Daten gewähren müsse. Nun wurde der erkennende Richter abgelehnt. Er war offenbar Referendar bei der GFF, die die Klage unterstützt. 

Das LG Berlin II* hat einem Ablehnungsgesuch der amerikanischen Social-Media-Plattform X gegen einen Richter des LG Berlin II stattgegeben. Das LG hatte zuvor im Rahmen einer einstweiligen Anordnung entschieden, dass X öffentlich verfügbare Daten von seiner Plattform der Nichtregierungsorganisation Democracy Reporting International (DRI) zur Verfügung stellen müsse, die eine mögliche Beeinflussung der deutschen Bundestagswahl auf dem Netzwerk untersuchen will.

Gegen die Entscheidung hatte X Widerspruch eingelegt und zudem den zuständigen Richter des LG wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit dem Ablehnungsantrag hatte der amerikanische Social-Media-Gigant, der dem Milliardär Elon Musk gehört, nun Erfolg. Dies teilte X am Donnerstag über den Account seines Global-Government-Affairs-Teams mit.

Vorherige Beschäftigung bei NGO als Ablehnungsgrund

Das Gericht habe entschieden, dass der erkennende Richter des LG befangen sei, weil er zuvor bei einer der klagenden Organisationen beschäftigt gewesen sei und außerdem deren Social-Media-Inhalte auf der Plattform LinkedIn unterstützt habe, heißt es in der X-Mitteilung. 

Im Rahmen eines Befangenheitsantrags geht es niemals um eine tatsächliche Befangenheit, sondern nur um die begründete Besorgnis (§ 42 Abs. 2 ZPO). Eine solche habe das LG* hier festgestellt, bestätigte Gerichtssprecherin Paula Riester am Freitag gegenüber beck-aktuell. Einblick in den nicht-öffentlichen Beschluss wollte das Gericht auf Nachfrage jedoch nicht gewähren. "Ausreichend für eine begründete Ablehnung ist es (...), dass für eine Partei bei objektiver Sicht die bloße Sorge entsteht, der Richter gehe nicht unvoreingenommen ans Werk" bestätigte Riester. "Die getroffene Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ist davon ausgegangen, dass diese bloße Sorge bestehen kann, da der betroffene Richter in der Vergangenheit bei einer die Antragstellerin unterstützenden Gesellschaft tätig war." Unterstützt wurde DRI im Verfahren von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), nach Informationen von beck-aktuell war der Richter dort als Referendar tätig*.

Die Klage von DRI und GFF stützt sich im Kern auf Art. 40 Abs. 12 DSA, der vorsieht, dass sehr große Plattformen wie X Forscherinnen und Forschern zu wissenschaftlichen Zwecken Zugriff auf öffentlich verfügbare Daten gewähren müssen. Dabei handelt es sich etwa um Likes, Shares und die Reichweite von Postings. DRI und GFF behaupten, X habe ihnen den Daten-Zugriff unrechtmäßig verwehrt. In der Sache ist mit dem Ablehnungsantrag noch nicht entschieden.

*Korrigiert am Tag der Veröffentlichung, über den Befangenheitsantrag hat nicht das KG entschieden, sondern das LG Berlin II selbst. Diese Korrektur sowie weitere Ergänzungen fanden statt am Tag der Veröffentlichung, 16:55 Uhr. (pl)

Redaktion beck-aktuell, mam, 21. Februar 2025.

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