Die Protestplakate des Bestatters und Verbraucherrechtsaktivisten Trix Hübschmann dürfen hängen bleiben. Sie sind keine wettbewerbswidrige geschäftliche Handlung nach UWG, da sie nicht stark genug mit dem Bestattungsgeschäft Hübschmanns zusammenhängen. Das Berliner KG kassierte damit die einstweilige Verfügung (Urteil vom 18.02.2025 – 5 U 18/24).
Die Bestattungspflicht in Deutschland kann für Trauernde eine Belastung sein. Während es etwa in weiten Teilen der USA erlaubt ist, die Asche der verstorbenen Angehörigen zu Hause zu behalten, ist diese Art des Gedenkens in Deutschland grundsätzlich nicht erlaubt. Hübschmann – vor allem bekannt durch millionenfach aufgerufene TikTok-Videos zu selbstbestimmter Trauer – startete hiergegen im Jahr 2023 eine Spendenkampagne. In "einer der größten Do-it-yourself Werbekampagnen von Deutschland" sollte gegen die Bestattungspflicht mobilisiert werden, und zwar auch "vor der Nase" eines gegnerischen Krematoriums.
Mit den Spenden wurden zwei Plakate realisiert, die ans Herz gehen sollten. Das eine zeigt einen Bestatter, der eine Urne durch das Fenster an ein freundlich lächelndes Kind gibt. Die Überschrift: "Ich gebe die Asche raus und das ist auch gut so!". Das zweite zeigt eine Urne vor einem Kleinkind: "Mein Papi kommt nach Hause!". Darunter heißt es: "In Brandenburg dürfen Bestatter:innen die Asche an die Familien herausgeben."

(aus dem Urteil des KG vom 18.02.2025, 5 U 18/24)
Was laut Hübschmann als politischer Aufruf gemeint war, wurde stattdessen als wettbewerbsrechtliche Falschbehauptung verstanden. Die Folge war eine einstweilige Verfügung des LG Berlin II gegen die beiden Plakate. Es sah in den Plakaten eine irreführende geschäftliche Handlung nach UWG. Auf Widerspruch Hübschmanns hat das KG hat nun anders entschieden.
Zu viele Schritte bis zum Geschäft
Die einstweilige Verfügung hatte sich darauf gestützt, dass die Plakate eine irreführende – und deshalb unzulässige – geschäftliche Handlung nach § 5 UWG seien. Hübschmann könne deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Dem KG fehlte es allerdings schon an einer "geschäftlichen Handlung" in diesem Sinne.
Die Plakate seien nur eine geschäftliche Handlung, wenn sie die geschäftlichen Entscheidungen von Verbrauchern beeinflussen würden. Würden Verbraucher also dazu angeleitet, ein Produkt zu kaufen oder ein Geschäft oder Online-Verkaufsplattform zu betreten, könne man von einer solchen Entscheidung sprechen. Verfolge eine Handlung vorrangig andere Ziele, etwa weltanschauliche, wissenschaftliche oder eben verbraucherpolitische, fehle es an diesem nötigen "objektiven Zusammenhang". Bei den Protestplakaten sei schon im Vorbeifahren nicht erkennbar gewesen, wer für sie verantwortlich sei. Auch besstehe kein auf Anhieb erkennbarer Bezug zu Hübschmanns Bestattungsunternehmen.
KG erklärte Hashtags
Nur der Hashtag "#DuBistDerBestimmer" sei deutlich erkennbar gewesen. Daraus folgerte das KG ebenfalls keinen Bezug zu Hübschmanns Geschäft. Hashtags seien dazu da, eine große Anzahl von Menschen zu erreichen, die sich zu den jeweiligen Inhalten austauschen und vernetzen könnten. Das sei inzwischen auch im Verkehr anerkannt. Durch die Protestplakate seien Interessenten aber nur veranlasst, den Hashtag im Internet zu suchen. Das Gericht selbst habe den Hashtag auf Google gesucht und sei dabei nicht direkt auf Hübschmanns Angebote gestoßen. Erst in diesem zweiten Schritt würden sich Verbraucher überhaupt mit Hübschmann und dessen Unternehmen auseinandersetzen. Eine konkrete geschäftliche Entscheidung sei das noch nicht.
Durchaus recht habe das vorinstanzliche LG damit gehabt, dass die Plakate bei Verbrauchern einen falschen Eindruck erwecken konnten. Denn entgegen den Behauptungen des Plakats sähe auch das brandenburgische Bestattungsrecht eine Aushändigung an Angehörige nicht grundsätzlich vor. Da es sich aber schon nicht um eine geschäftliche Handlung handelte, war der tatsächlich irreführende Inhalt der Plakate mit ihrem Hinweis auf die angebliche Rechtslage in Brandenburg nicht von Belang.
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung war damit für das in der Spendenkampagne selbst wörtlich als "provozierendes Meisterwerk" bezeichnete Werk zurückzuweisen.