Hasch in Haft: KG erlaubt Strafgefangenen 50 Gramm Cannabis

Das KG hat entschieden, dass auch Strafgefangene von den neuen Regeln des Konsumcannabisgesetzes profitieren und Cannabis besitzen dürfen. Die zentrale Frage: Ist die Gefängniszelle der gewöhnliche Aufenthalt im Sinne des Gesetzes? Das Gericht meint, ja.

§ 3 KCanG, der den Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis am "gewöhnlichen Aufenthalt" erlaubt, meint damit auch Hafträume. Das entspreche gerade dem Willen des Gesetzgebers, meint das KG (Urteil vom 28.05.2025 – 5 ORs 17/25121 SRs 31/25).

Während seiner mehrjährigen Haftstrafe verurteilte das AG Tiergarten einen Strafgefangenen wegen Besitzes von Betäubungsmitteln. Davon nahm es allerdings die 45,06 Gramm Cannabisharz aus, die der Mann in seiner Zelle lagerte und verwies dafür auf das Konsumcannabisgesetz (KCanG). Die Staatsanwaltschaft wandte sich daraufhin per Sprungrevision an das KG, doch erfolglos. Die aktuelle Rechtslage verbiete dem Gefangenen den Besitz nicht.

Auf die Gefangenschaft kommt es nicht an

Im Fall des Strafgefangenen kam es darauf an, ob mit dem "gewöhnlichen Aufenthalt" im Sinne des Gesetzes auch der Haftraum gemeint ist. So sah es jedenfalls das AG Tiergarten, das auf die Definition im KCanG selbst abstellte. Nach § 1 Nr. 17 KCanG ist der gewöhnliche Aufenthalt der Ort, an dem sich eine Person erkennbar nicht nur vorübergehend aufhalten wird. Das Gesetz vermutet einen gewöhnlichen Aufenthalt bei einer Dauer von sechs Monaten, kleinere Unterbrechungen werden dabei nicht berücksichtigt. Der Haftraum erfülle diese Voraussetzungen.

Die Staatsanwaltschaft hatte sich hingegen für eine restriktive Auslegung der Ausnahme in § 3 KCanG ausgesprochen. Der Cannabiskonsum gefährde schließlich die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt und unterlaufe die Ziele des Strafvollzugs. Wie auch bei den Regeln zum Gerichtsstand im Strafrecht (§ 8 StPO) könne von einem gewöhnlichen Aufenthalt nur die Rede sein, wenn sich die Person freiwillig dort aufhalte.

Dieser Argumentation erteilte das KG eine Absage. Der Gesetzgeber habe den Begriff bewusst an die ähnlichen Vorschriften aus der AO und dem SGB I angelehnt; das ergebe sich ausdrücklich aus den Gesetzesmaterialien. Laut dem SGB sei der gewöhnliche Aufenthalt der Ort, an dem die Person sozial integriert sei und auf "längere Zeit angelegt" den tatsächlichen Lebensmittelpunkt habe. Das sei bei Strafgefangenen die Vollzugsanstalt, so das KG, da diese "die weit überwiegende Zeit" dort verbrächten, dort Besucher empfingen und soziale Kontakte pflegten. Die AO stelle nur darauf ab, ob der Aufenthalt vorübergehender Natur sei. Nach beiden Definitionen komme es nicht darauf an, dass sich die Person auch freiwillig an dem Ort aufhalte. Maßgebend sei nur die tatsächliche Lage.

Nur das KCanG zählt

Die Staatsanwaltschaft hatte vergeblich argumentiert, der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts sei einzugrenzen, und dafür verschiedene gesetzliche Grundlagen bemüht. Das KG hielt dagegen die Regelung des KCanG für abschließend. So weise weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung darauf hin, dass die engere Definition aus der StPO heranzuziehen wäre. Auf SGB I und die AO habe der Gesetzgeber hingegen bewusst Bezug genommen.

Auch der Gesetzeszweck des § 3 KCanG weise in keine andere Richtung. Zwar sei der ursprüngliche Zweck der Regelung gewesen, die Strafbarkeit in Fällen auszunehmen, in denen der Eigenanbau mehr als die insgesamt erlaubten 25 Gramm Cannabis abwerfe. Dieser Zweck sei allerdings nicht mehr in der finalen Fassung des KCanG enthalten. Es komme daher auch nicht darauf an, ob dem Strafgefangenen der Anbau erlaubt gewesen wäre, was der 5. Strafsenat im Übrigen auch offenließ.

Der gewöhnliche Aufenthalt müsse auch kein nach Art. 13 GG geschützter (Wohn-)Raum sein. Das folge schon daraus, dass das KCanG gerade zwischen dem "Wohnsitz" und dem "gewöhnlichen Aufenthalt" unterscheide. Sofern man für den gewöhnlichen Aufenthalt zusätzlich einen gewissen "persönlichen Bezug" fordere, sei das bei Hafträumen gegeben – jedenfalls bei Strafgefangenen, deren Haftstrafen länger als sechs Monate seien.

JVA kann Hausordnung ändern

Allgemeine Erwägungen zur Sicherheit und Ordnung in der JVA kämen ebenfalls nicht zum Tragen, meinte das KG. Ob der Cannabiskonsum nun das Vollzugsziel gefährde, sei keine Frage des KCanG. Es spreche mehr dafür, dass Hafträume bewusst nicht in den Text aufgenommen worden seien. Schließlich seien beispielsweise Verbote für militärische Bereiche, Kinderspielplätze und Jugendeinrichtungen auch ausdrücklich geregelt worden.

In diesem Fall sei der Strafgefangene also nicht für seine fast 50 Gramm Cannabis zu bestrafen gewesen. Das Gericht betonte aber auch, dass es den Justizvollzugsanstalten durchaus weiterhin möglich wäre, eigene Regeln und Verbote für den Cannabiskonsum aufzustellen – etwa per Allgemeinverfügung oder über die Hausordnungen. Zwar sei eine Strafbarkeit nach dem KCanG ausgeschlossen, das stehe eigenen, sogar generellen Verboten jedoch nicht entgegen.

KG, Urteil vom 25.05.2025 - 5 ORs 17/25

Redaktion beck-aktuell, tbh, 3. Juni 2025.

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