Einem Motorradfahrer ging es auf der Berliner Autobahn AVUS nicht schnell genug, er wich deshalb kurzerhand auf den Seitenstreifen aus. Dabei geriet er in den Fokus der Autobahnpolizei, die ihn mit Martinshorn und Blaulicht verfolgte und ihn anhalten wollte. Der aber hatte anderes im Sinn, erhöhte im dichten Berufsverkehr seine Geschwindigkeit und wechselte ohne Blinker mehrfach die Fahrspur oder fuhr einfach zwischen zwei Autos durch. Obwohl die erlaubte Höchstgeschwindigkeit teils 60 km/h, teils 80 km/h betrug, erreichte er zwischenzeitlich sogar 200 km/h. Dann fuhr er plötzlich von der AVUS ab, um die Polizisten im Stadtverkehr abzuschütteln.
Am Ende der Abfahrt bremste er vor einer roten Rechtsabbiegerampel ab und ermöglichte es so der Polizei, sich vor ihn zu setzen. Dann wurde die Ampel grün und, obwohl er gefahrlos hätte anhalten können, beschloss er, sich rechts an dem Einsatzfahrzeug vorbeizulavieren. Er kippte bei diesem Manöver aber um und zog sich zahlreiche Verletzungen zu.
Das AG Berlin-Tiergarten verurteilte den Polizisten zu einer Geldstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt. Das LG Berlin sprach ihn in der Berufungsinstanz frei, woraufhin der Motorradfahrer als Nebenkläger Revision zum KG einlegte – erfolglos.
Verhalten des Polizisten war rechtmäßig
Das KG (Beschluss vom 23.10.2024 – 3 ORs 28/24 – 161 SRs 9/24) bewertete die Handlungen des Ordnungshüters als rechtmäßig. Er habe den Motorradfahrer mit Sonderrechten nach § 35 Abs. 1 StVO verfolgen und auch stellen dürfen, nachdem der nicht angehalten hatte und geflüchtet war. Der 3. Strafsenat bestätigte dem Polizisten, dass er den anderen zur Gefahrenabwehr (§§ 1 Abs. 1, 13 Abs. 1 ASOG Berlin) und auch zur Ermittlung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten (§ 163 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 und § 53 OWiG) an der Weiterfahrt hindern durfte.
Der Polizist habe den Motorradfahrer nach dem UZwG Berlin auch ohne vorherige Androhung des unmittelbaren Zwangs nach § 6 Abs. 2 VwVG auch mit dem Einsatzfahrzeug als Hilfsmittel nach § 2 Abs. 1 UZwG Berlin anhalten dürfen. Das KG sah auch keinerlei milderes Mittel für die Polizei, ihrer hoheitlichen Aufgabe nachzukommen. Angesichts der Gefahren für die anderen Fahrzeuge und der bereits begangenen Straftat nach § 315c StGB auf dieser Fahrt fanden die Richterinnen und Richter das Vorgehen auch verhältnismäßig.
Das KG zog dabei auch die ständige Rechtsprechung heran, wonach Verletzungen von Amtspersonen, die von Berufs wegen zum Einschreiten in Gefahrensituationen verpflichtet sind, denjenigen zuzurechnen sind, die die Gefahr geschaffen haben. Wegen des groben Fehlverhaltens des Motorradfahrers wären ihm auch hier sämtliche Verletzungen der Polizisten zuzurechnen gewesen, umso mehr habe er sich seine eigenen Blessuren selbst zuzuschreiben. Der Freispruch blieb deshalb bestehen.