Von syrischem Scharia-Gericht festgestellte Ehe gilt auch in Deutschland

Hat ein syrisches Scharia-Gericht festgestellt, dass eine Ehe geschlossen worden ist, ist diese Entscheidung in Deutschland grundsätzlich anzuerkennen. Das KG verwies auf das syrische Familienrecht, wonach diese Feststellung für die Behörden bindend sei.

Ein syrisches Paar lebt seit Herbst 2015 in Deutschland als subsidiär schutzberechtigt. Auf dem Weg nach Deutschland versprachen sie sich, er damals 19, sie 14 Jahre alt, in der Türkei vor einem Imam die Ehe. Drei Jahre später suchten sie den türkischen Imam erneut auf, heirateten offiziell und bekamen zwei Kinder. Der Vater war zwar nicht in der Geburtsurkunde aufgeführt, erkannte aber die Vaterschaft an.

2022 erhielten sie vom Scharia-Gericht in Damaskus die Eheschließungsbestätigung und wurden als Ehepaar ins syrische Heiratsregister eingetragen. Die Anerkennung der Ehe in Deutschland scheiterte zunächst, doch das KG stellte fest, dass alle Voraussetzungen vorlagen.

Scharia-Gerichtsentscheidung hat autoritative Wirkung mit Bindungskraft

Entgegen der Ansicht des AG Berlin-Schöneberg sei die Eheschließungsbestätigung des Scharia-Gerichts anzuerkennen, so das KG (Beschluss vom 22.07.2025 – 1 VA 36/24). Die Ehe der beiden sei gerade nicht aus einer rein privaten Zeremonie hervorgegangen, bei der staatliche Stellen bloß mitgewirkt hätten. Vielmehr stellten im syrischen System der Familiengerichtsbarkeit erstinstanzlich Scharia-Gerichte das Bestehen einer Ehe verbindlich fest, so der 1. Zivilsenat.

Die Berliner Richterinnen und Richter erklärten: Nach syrischem Recht müssten die Heiratswilligen nur einen Ehevertrag schließen, die Mitwirkung des Staates oder eines Geistlichen sei dafür nicht erforderlich. Die Eheleute seien aber verpflichtet, dem Staat die Trauung anzuzeigen oder das Bestehen der Ehe durch das Scharia-Gericht feststellen zu lassen. Das Gericht prüfe dann das Vorliegen der Voraussetzungen einer Trauung.

Das KG erkennt aus diesem Grund die Eheschließungsbestätigung als anerkennungsfähige Entscheidung nach § 107 FamFG an. Die Ehe widerspreche auch nicht wesentlichen Grundsätzen deutschen Rechts: Das Scharia-Gericht habe eine rechtliche Prüfung über alle Voraussetzungen der Eheschließung vorgenommen. Auch der Eheschluss mit 17 Jahren mache die Trauung zwar aufhebbar, aber nicht unwirksam. Da die Frau die Ehe auch heute noch fortsetzen wolle, gebiete der Minderjährigenschutz heute nicht mehr, die Ehe aufzuheben.

KG, Beschluss vom 22.07.2025 - 1 VA 36/24

Redaktion beck-aktuell, rw, 18. August 2025.

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