TVöD: Keine starren Grenzen für Tarifmerkmal der "Großen Station" an psychiatrischer Klinik

Eine "Große Station" im Sinn des Tätigkeitsmerkmals des TVöD/VKA liegt zwar regelmäßig nur dann vor, wenn der Stationsleitung mehr als 12 Vollzeitkräfte fachlich unterstellt sind. Es gebe jedoch keine starren Grenzwerte für das Tarifmerkmal, sodass auch bei weniger Fachkräften zu prüfen sei, ob sich die Station ihrer Struktur nach aus anderen Gründen als "groß" im Tarifsinn darstelle, entschied das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13.05.2020.

Stationsleitung einer psychiatrischen Klinik begehrt höhere Tarifeinstufung

Die Beklagte, ein Kommunalunternehmen des öffentlichen Rechts, betreibt eine Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Die Klägerin ist dort als Stationsleitung der Station Soziotherapie und Schizophrenie tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (TVöD) im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) Anwendung. Die Klägerin wird nach Entgeltgruppe P 12 der Anlage 1, Teil B Abschnitt XI 2 zum TVöD/VKA vergütet. Ihr sind nach den Annahmen des Landesarbeitsgerichts nicht mehr als 12 Vollzeitbeschäftigte unterstellt. Mit ihrer Klage begehrt sie für die Zeit ab dem 01.01.2017 eine Vergütung nach Entgeltgruppe P 13 TVöD/VKA. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Die Klägerin legte Revision ein.

BAG gibt Revision der Klägerin statt

Das Bundesarbeitsgericht hat der Revision wegen Begründungsfehlern stattgegeben. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts gebe es bei der tariflichen Unterscheidung zwischen einer Station und einer "großen Station" keine feste Grenze einer bestimmten Anzahl von unterstellten Beschäftigten. Zwar handele es sich regelmäßig um eine "große Station", wenn der Stationsleitung umgerechnet mehr als 12 Vollzeitkräfte im Sinne der Vorbemerkung Nr. 9 zur Anlage 1 Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA fachlich unterstellt seien. Da Teilzeitbeschäftigte nach dieser Vorbemerkung entsprechend dem Verhältnis ihrer Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten zu berücksichtigen seien, wäre dies ab 12,01 Vollzeitäquivalenten der Fall.

Keine starren Grenzwerte für das Tarifmerkmal "große Station"

Mangels eines starren Grenzwerts ("in der Regel") könne bei Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall aber auch bei umgerechnet mehr als 12 unterstellten Vollzeitbeschäftigten das Tarifmerkmal "große Station" verneint werden. Gleiches gelte im umgekehrten Fall: Eine Stationsleitung leite regelmäßig keine "große Station", wenn ihr nur bis zu 12,00 Vollzeitbeschäftigte unterstellt seien. Ausnahmen kämen im Einzelfall in Betracht, wenn sich die Station aus anderen Gründen, beispielsweise aufgrund einer hohen Anzahl unterstellter Teilzeitbeschäftigter, einer großen Anzahl von zu pflegenden Patienten oder aufgrund der räumlichen Lage und Größe als "groß" im Tarifsinn darstelle.

BAG sieht vorliegend noch Feststellungsbedarf

Da noch nicht alle Umstände festgestellt worden seien, anhand derer beurteilt werden könne, ob vorliegend ausnahmsweise eine große Station im Tarifsinn anzunehmen sei und noch nicht geklärt sei, ob die Klägerin bei der von ihr auszuübenden Tätigkeit ein höheres Maß von Verantwortlichkeit im Sinne der Entgeltgruppe P 13 TVöD/VKA trage, hat das Gericht die Sache zurückverwiesen.

BAG, Urteil vom 13.05.2020 - 4 AZR 173/19

Redaktion beck-aktuell, 14. Mai 2020.

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