Keine Normenkontrolle zur Nichtanerkennung der Zentrumspartei
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Nachdem das Bundesverfassungsgericht vor knapp einem Jahr die Nichtanerkennungsbeschwerde der Deutschen Zentrumspartei gegen die Nichtzulassung zur Bundestagswahl zurückgewiesen hatte, lieferte es heute die Begründung nach. Bei der Nichtanerkennungsbeschwerde werde grundsätzlich nicht die Verfassungsmäßigkeit der Normen geprüft, auf die der Bundeswahlausschuss seine Entscheidung stützt. Entscheidend sei nur die richtige Anwendung des einfachen Rechts. Diese sei hier zu bejahen.

Rechtsstellung als Partei verloren

Im Juli 2021 hatte der Bundeswahlausschuss entschieden, die Deutsche Zentrumspartei nicht als Partei für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag anzuerkennen, da sie infolge fehlender oder unvollständiger Rechenschaftsberichte ihre Rechtsstellung als Partei verloren hatte. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 23 PartG verliert eine Vereinigung ihre Rechtsstellung als Partei, wenn sie sechs Jahre lang keinen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Rechenschaftsbericht eingereicht hat. Zu den einzuhaltenden gesetzlichen Anforderungen zählt, dass der Rechenschaftsbericht von einem Wirtschafts- oder einem vereidigten Buchprüfer zu prüfen und zu testieren ist. Lediglich wenn eine Partei nicht an der staatlichen Parteienfinanzierung teilnimmt und im Rechnungsjahr weder über Einnahmen noch über ein Vermögen von mehr als 5.000 Euro verfügt, entfällt gemäß § 23 Abs. 2 Satz 4 PartG die Testatpflicht. Gegen die Entscheidung des Bundeswahlausschusses legte die Deutsche Zentrumspartei Nichtanerkennungsbeschwerde ein.

Nur Anwendung des einfachen Rechts durch den Bundeswahlausschuss wird geprüft

Nach Ansicht des BVerfG ist die Nichtanerkennungsbeschwerde jedenfalls unbegründet. Das BVerfG überprüfe im Rahmen einer Nichtanerkennungsbeschwerde grundsätzlich nicht die Verfassungsmäßigkeit der Normen, auf die der Bundeswahlausschuss seine Entscheidung über die Nichtzulassung einer Partei zur Bundestagswahl stützt. Das zugrundeliegende Verfahren bestimme sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4c GG, §§ 96a-d BVerfGG und § 18 Abs. 4a BWahlG. Die Auslegung dieser Vorschriften ergebe, dass sich die Prüfung des BVerfG in diesem Verfahren auf die Frage der ordnungsgemäßen Anwendung des einfachen Rechts durch den Bundeswahlausschuss beschränkt. Gegen die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit entscheidungsrelevanter Bestimmungen des Wahl- und Parteienrechts und mithin gegen gegen die Durchführung einer inzidenten Normenkontrolle im Rahmen dieses Verfahrens sprächen neben systematischen Erwägungen auch der Sinn und Zweck der Nichtanerkennungsbeschwerde.

Im konkreten Fall keine Ausnahme vom Grundsatz

Ob eine Ausnahme in Betracht zu ziehen ist, wenn wegen der offensichtlichen Verfassungswidrigkeit einer solchen Norm ein schwerwiegender Wahlfehler droht, könne nach Auffassung des BVerfG dahinstehen, da ein solcher Fall nicht vorliege. Mögliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die für die Nichtanerkennung der Beschwerdeführerin entscheidungsrelevanten Regelungen in § 2 Abs. 2 Satz 2 und § 23 Abs. 2 PartG würden jedenfalls nicht die Grenze der Offensichtlichkeit überschreiten.

Verfassungswidrigkeit dieser Normen könne gesondert geltend gemacht werden

Das BVerfG betonte zudem, dass der eingeschränkte Prüfungsmaßstab im Verfahren der Nichtanerkennungsbeschwerde nicht gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verstößt. Die Möglichkeit der Nichtanerkennungsbeschwerde schließe nicht aus, die Verfassungswidrigkeit der für die Nichtanerkennung einer Vereinigung als Partei entscheidungsrelevanten Vorschriften des Wahl- und Parteienrechts im Wege des nachgelagerten Wahlrechtsschutzes geltend zu machen. Zwar werde im Schrifttum vertreten, dass im Anwendungsbereich der Nichtanerkennungsbeschwerde eine nachträgliche Wahlprüfung grundsätzlich ausgeschlossen sei. Dabei bleibe aber außer Betracht, dass im Nichtanerkennungsbeschwerdeverfahren eine inzidente Normenkontrolle regelmäßig gerade nicht stattfindet und daher alle damit im Zusammenhang stehenden verfassungsrechtlichen Fragen ungeprüft bleiben.

Nur Verfahren zu überprüfen

Auf die Nichtanerkennungsbeschwerde der Beschwerdeführerin war nach der Entscheidung des BVerfG lediglich zu überprüfen, ob deren Nichtanerkennung als Partei für die Wahl in ordnungsgemäßer Anwendung von § 18 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BWahlG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Satz 2, § 23 PartG erfolgte. Dies sei zu bejahen. In der vorliegenden Sache hatte das BVerfG erstmalig eine Entscheidung in einem Nichtanerkennungsbeschwerdeverfahren ohne Begründung bekanntgegeben.

BVerfG, Beschluss vom 22.07.2022 - 2 BvC 10/21

Redaktion beck-aktuell, 8. Juni 2022.