Unzulässige Gewährung von Werbegaben
Das Pharmaunternehmen Novartis stellt das Arzneimittel Voltaren Schmerzgel mit dem Wirkstoff Diclofenac her. Vor den deutschen Gerichten beantragte Novartis, dem Generikahersteller ratiopharm die Abgabe von Gratismustern des Arzneimittels Diclo-ratiopharm-Schmerzgel, das ebenfalls den Wirkstoff Diclofenac enthält, an Apotheker zu untersagen. Nach Auffassung von Novartis verstößt eine solche Abgabe gegen das deutsche Arzneimittelgesetz. Dort seien unter den Personen, an die Gratismuster von Arzneimitteln abgegeben werden dürften, zwar Ärzte, nicht aber Apotheker genannt. Diese Abgabe sei daher eine unzulässige Gewährung von Werbegaben.
BGH zweifelt an Auslegung des Gemeinschaftskodex
Der Bundesgerichtshof ersuchte in diesem Zusammenhang den EuGH um die Auslegung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (RL 2001/83/EG). Er möchte wissen, ob dieser Kodex es pharmazeutischen Unternehmen erlaubt, Gratismuster von Arzneimitteln an Apotheker abzugeben.
Nur Ärzte dürfen Gratisproben verschreibungspflichtiger Produkte erhalten
Mit seinem jetzt ergangenen Urteil entschied der Gerichtshof, dass der Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel es pharmazeutischen Unternehmen nicht erlaubt, Gratismuster verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker abzugeben. Dagegen verbiete es der Kodex nicht, Gratismuster von Arzneimitteln, die nicht der Verschreibungspflicht unterliegen, an Apotheker abzugeben. Der Kodex ist nach Ansicht des EuGH dahin auszulegen, dass nur zur Verschreibung von der ärztlichen Verschreibungspflicht unterliegenden Arzneimitteln berechtigte Personen, also Ärzte, Gratismuster solcher Arzneimittel erhalten dürfen, was zur Folge hat, dass eine Abgabe an Apotheker nicht zulässig ist.
Ärztliche Überwachung erforderlich
Diese Arzneimittel dürften in Anbetracht der mit ihrem Gebrauch verbundenen Gefahr oder der hinsichtlich ihrer Wirkungen bestehenden Unsicherheit nämlich nicht ohne ärztliche Überwachung verwendet werden. Allerdings werde den Apothekern durch den Kodex nicht die Möglichkeit genommen, im Rahmen des nationalen Rechts Gratismuster von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu erhalten, damit sie sich mit neuen Arzneimitteln vertraut machen und Erfahrungen mit deren Anwendung sammeln können.