Keine Einsicht in Twitter-Direktnachrichten des Bundesinnenministeriums

Das Informationsfreiheitsgesetz verschafft Bürgern keinen Anspruch auf Einsicht in Twitter-Direktnachrichten, die das Bundesinnenministerium erhalten und versandt hat. Das hat das Bundesverwaltungsgericht heute auf eine Klage des Betreibers der Internetseite "FragDenStaat" entschieden.

Stille Post

Der Kurznachrichtendienst Twitter ist im Gegensatz zu anderen sozialen Netzwerken im Normalfall öffentlich: Anders als beispielsweise bei Facebook machen es dort nur wenige Nutzer generell von ihrer Zustimmung abhängig, dass andere ihre Posts sehen können. Wer dennoch einmal diskret kommunizieren möchte, verschickt stattdessen eine sogenannte Direktnachricht. Die auf Transparenz erpichte Initiative "FragDenStaat" wollte trotzdem unter Berufung auf das IFG sämtliche dieser eigentlich als vertraulich gedachten Botschaften an das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat sehen will – und dessen Antworten ebenso. Doch die Beamten von Horst Seehofer (CSU) wollten da nicht mitspielen. Ihr Argument: Die Nachrichten hätten nicht in Akten aufgenommen werden müssen und kein Verwaltungshandeln erforderlich gemacht.

Großzügige Vorinstanz

Das VG Berlin, dessen Spruch per Sprungrevision direkt in Leipzig gelandet ist, pochte hingegen auf die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger und legte den Begriff der Amtlichkeit betont weit aus. Nur Informationen, die ausschließlich und eindeutig persönlichen Zwecken dienten, würden davon nicht erfasst. Daher vergatterte es das Ministerium, Einsicht in sämtliche „DMs“ zu gewähren, die dort binnen zwei Jahren eingegangen sind und versandt wurden – mit Ausnahme der Namen, Usernamen und Telekommunikationsnummern von natürlichen Personen.

"Kein amtlicher Vorgang"

Das sahen die obersten Verwaltungsrichter aber nun anders und wiesen die Klage ab. Amtliche Informationen setzen demnach voraus, dass ihre Aufzeichnung auch amtlichen Zwecken dient. "Der Gesetzgeber verlangt mit dieser Definition eine bestimmte Finalität der Aufzeichnung", schreibt das Leipziger Gericht in seiner Pressemitteilung. Nicht nur die Information selbst müsse solchen Zwecken dienen, sondern gerade ihre Aufzeichnung. Das sei zwar bei Twitter-Direktnachrichten nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Anders jedoch bei Nachrichten, die wie hier aufgrund ihrer geringfügigen inhaltlichen Relevanz keinen Anlass gäben, einen Verwaltungsvorgang anzulegen. Die Speicherung erfolge bei der Twitter Inc. nach deren Geschäftsmodell; das Ministerium habe diesem Vorgang keinen amtlichen Zweck beigegeben. "Ein solcher ist auch vor dem Hintergrund der Registraturrichtlinie der Bundesministerien und den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Aktenführung nicht ersichtlich", schließen die Bundesrichter ihre Verlautbarung.

BVerwG, Urteil vom 28.10.2021 - 10 C 3.20

Redaktion beck-aktuell, Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 28. Oktober 2021.