Keine Berufung per Fax am LAG Schleswig-Holstein

Eine Berufungseinlegung per Fax ist beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein unwirksam. Reiche eine Partei durch ihren Rechtsanwalt ihre Berufung innerhalb der Berufungsfrist nur per Fax ein, so sei die Berufung unzulässig, so das LAG mit Beschluss vom 25.03.2020. Das Gericht verweist auf die Landesverordnung über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs, mit der Schleswig-Holstein als bisher einziges Bundesland die Vorschrift des § 46g ArbGG vorzeitig eingeführt habe.

Anwalt legte Berufung entgegen Rechtsmittelbelehrung nur per Fax ein

Die Klägerin wehrte sich mit ihrer Klage unter anderem gegen eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsgericht Lübeck hatte die Klage erstinstanzlich abgewiesen. Dem schriftlichen Urteil war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, die über die bestehende Pflicht für Rechtsanwälte aufklärte, Anträge zweitinstanzlich ausschließlich per elektronischem Rechtsverkehr einzureichen. Dennoch reichte der in Niedersachsen ansässige Rechtsanwalt der Klägerin die Berufung am letzten Tag der Berufungsfrist lediglich per Fax ein. 

Berufung unzulässig – Keine Wiedereinsetzung

Das LAG verwarf die Berufung als unzulässig und gab auch dem Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin nicht statt. Mit der mittels Fax eingereichten Berufung habe sie die Rechtsmittelbelehrung des ArbG ignoriert und die Berufung nicht formgemäß eingelegt. Durch die Landesverordnung habe § 46g ArbGG schon vor dem 01.01.2022 in Kraft gesetzt werden können.  

Pflicht zu elektronischer Einreichung gilt auch in zweiter Instanz

Die Ermächtigungsgrundlage für die Landesverordnung sei Art. 24 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 26 Abs. 7 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013. § 46g ArbGG gelte auch für die zweite Instanz, obwohl sich die Regelung im Gesetzesabschnitt für den ersten Rechtszug befinde und die Vorschrift in § 64 Abs. 7 ArbGG (Übernahme erstinstanzlicher Vorschriften für das Berufungsverfahren) nicht erwähnt sei. Die Geltung entspreche dem Willen des Gesetzgebers, dem ein Redaktionsversehen unterlaufen sei. Die im Gesetzgebungsverfahren immer wieder betonte gerichtsbarkeitsbezogene Nutzungsverpflichtung solle der gesamten Gerichtsbarkeit – und nicht nur einer einzelnen Instanz – Gelegenheit geben, zu überprüfen, wie der elektronische Rechtsverkehr funktioniert. Das lasse sich nur dann sinnvoll beurteilen, wenn der Rechtsverkehr instanzübergreifend einheitlich stattfinde.  

Wegen Information in Rechtsmittelbelehrung keine Wiedereinsetzung

Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Berufungseinlegung bleibe der Klägerin versagt, so das LAG. Sie habe sich nicht auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum ihres in Niedersachsen ansässigen Prozessbevollmächtigten als Wiedereinsetzungsgrund berufen können, der die Schleswig-Holsteinische Landesverordnung nicht gekannt habe. Für ihn habe sich aus der zutreffenden und unmissverständlichen Rechtsmittelbelehrung im erstinstanzlichen Urteil ohne Weiteres ergeben, dass er die Berufung elektronisch einzureichen hatte. Das hätte er bei sorgfältigem und vollständigem Lesen der Rechtsmittelbelehrung feststellen können. Das LAG hat die Revisionsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.03.2020 - 6 Sa 102/20

Redaktion beck-aktuell, 5. Juni 2020.