Kein Schmer­zens­geld nach Sturz über ge­se­he­nes und wie­der ver­ges­se­nes Hin­der­nis

Stol­pert ein Fu­ß­gän­ger über ein gut sicht­ba­res Hin­der­nis auf dem Geh­weg, wel­ches er zu­erst wahr­ge­nom­men, aber an­schlie­ßend ver­ges­sen hat, hat er kei­nen An­spruch auf Schmer­zens­geld, wie das Ober­lan­des­ge­richt Köln am 04.02.2020 fest­stell­te. Man­gels Er­folgs­aus­sicht hatte die Klä­ge­rin im kon­kre­ten Fall nach Hin­weis des Ge­richts die Be­ru­fung zu­rück­ge­nom­men.

Sperr­holz­plat­te ver­sperr­te Teil des Geh­wegs

Ge­gen­stand des Rechts­streits war ein Sturz der Klä­ge­rin über eine 100 x 150 cm große Sperr­holz­plat­te, wel­che vor dem Haus der Be­klag­ten in Wür­se­len den Geh­weg ver­eng­te. Die Plat­te lehn­te vor einem Erd­ge­schoss­fens­ter schräg gegen die Fens­ter­bank. Sie dien­te dazu, vor­über­ge­hend Was­ser aus einer de­fek­ten Re­gen­rin­ne am Ein­tritt in das Ge­bäu­de zu hin­dern. Ein Hand­wer­ker­ter­min zur Re­pa­ra­tur der Re­gen­rin­ne war be­reits ver­ein­bart.

Klä­ge­rin ver­langt Schmer­zens­geld nach Arm­bruch

Die Klä­ge­rin, die zu Fuß auf dem Geh­weg un­ter­wegs war, hatte die Plat­te zu­nächst be­merkt. Als ihr eine Pas­san­tin mit Kin­der­wa­gen ent­ge­gen­kam, blieb sie vor der Sperr­holz­plat­te ste­hen, um diese vor­bei zu las­sen. Sie un­ter­hielt sich dann ei­ni­ge Mi­nu­ten mit der Pas­san­tin, wobei sie sich von der Sperr­holz­plat­te ab­wand­te. In die­ser Zeit ver­gaß sie das Hin­der­nis. Als sie ihren Weg fort­set­zen woll­te, dreh­te sie sich um und stol­per­te beim Los­ge­hen über die Plat­te. Wegen eines Ober­arm­bruchs be­an­trag­te sie Schmer­zens­geld in Höhe von min­des­tens 9.500 Euro.

Be­ru­fung nach Hin­weis zu­rück­ge­nom­men

Das Land­ge­richt Aa­chen hatte die Klage ab­ge­wie­sen. Nach­dem der Sieb­te Senat des Ober­lan­des­ge­richts Köln auf die feh­len­den Er­folgs­aus­sich­ten der Be­ru­fung hin­ge­wie­sen hatte, hat die Klä­ge­rin diese zu­rück­ge­nom­men. Zur Be­grün­dung hat der Senat im We­sent­li­chen aus­ge­führt, dass die Plat­te zwar ein Hin­der­nis für die Be­nut­zer des Geh­we­ges dar­ge­stellt habe und grund­sätz­lich eine Ver­pflich­tung der Be­klag­ten be­stehe, Schä­den an­de­rer auf­grund der von ihr ge­schaf­fe­nen Ge­fah­ren­la­ge zu ver­hin­dern. Vor­lie­gend seien je­doch keine wei­te­ren Schutz­maß­nah­men er­for­der­lich ge­we­sen.

Plat­te war deut­lich sicht­bar

Schon nach ei­ge­nem Vor­trag habe die Klä­ge­rin die Plat­te als Hin­der­nis so­fort er­kannt, so das OLG. Ge­ra­de durch die­ses Hin­der­nis habe sie sich ver­an­lasst ge­se­hen, zu­nächst die an­de­re Pas­san­tin vor­bei­zu­las­sen. Dass sie die Plat­te wäh­rend der we­ni­gen Mi­nu­ten ihrer Un­ter­hal­tung mit der Pas­san­tin ver­ges­sen habe, stel­le einen gänz­lich un­wahr­schein­li­chen Ge­sche­hens­ab­lauf dar. Das Hin­der­nis in Form der Sperr­holz­plat­te sei deut­lich sicht­bar ge­we­sen und von der Klä­ge­rin auch er­kannt wor­den. Es sei nicht er­sicht­lich, was die Be­klag­te noch hätte un­ter­neh­men kön­nen.

Un­glück ja, Un­recht nein

Eine wei­te­re Ab­si­che­rung hätte al­len­falls dazu die­nen kön­nen, das be­reits sehr gut sicht­ba­re Hin­der­nis noch bes­ser er­kenn­bar zu ma­chen. Dies hätte im vor­lie­gen­den Fall al­ler­dings nichts ge­nutzt, da die Klä­ge­rin es auch so er­kannt hatte, heißt es im Be­schluss wei­ter. Schlie­ß­lich habe es auch einen nach­voll­zieh­ba­ren sach­li­chen Grund ge­ge­ben, je­den­falls kurz­fris­tig die Plat­te auf dem Bür­ger­steig auf­zu­stel­len. Die Klä­ge­rin habe zwar ein "Un­glück“ er­lit­ten, könne je­doch der Be­klag­ten kein "Un­recht“ vor­hal­ten.

Keine Haf­tung für er­wach­se­ne Kin­der

Er­gän­zend hat der Senat aus­ge­führt, dass eine Haf­tung der Be­klag­ten zu­sätz­lich des­halb aus­schei­de, weil sie nicht selbst, son­dern ihr er­wach­se­ner Sohn die Plat­te auf­ge­stellt habe. Bei Tä­tig­kei­ten im Zu­sam­men­hang mit einer häus­li­chen Ge­mein­schaft seien er­wach­se­ne Kin­der man­gels Wei­sungs­ge­bun­den­heit aber keine "Ver­rich­tungs­ge­hil­fen“ ihrer El­tern. Des­halb schei­de auch eine Haf­tung gemäß § 831 BGB aus.

OLG Köln, Beschluss vom 04.02.2020 - 7 U 285/19

Redaktion beck-aktuell, 12. Mai 2020.

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