Mehrere Nachteilsausgleiche festgestellt
Die 1999 geborene Klägerin leidet unter Trisomie 21 (Down-Syndrom). Bei ihr wurde nach der Geburt auf Antrag ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Nachteilsausgleiche "G" (Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr), "B" (Ständige Begleitung) und "H" (Hilflosigkeit) festgestellt.
Gericht veranlasst medizinische Ermittlung
Im April 2018 wurde der Klägerin das Merkzeichen "H" mit der Begründung entzogen, die Voraussetzungen für die Feststellung des gesundheitlichen Merkmals "H" seien nicht mehr erfüllt. Im Rahmen des Klageverfahrens hat das Gericht medizinisch ermittelt und die Klägerin untersuchen und begutachten lassen. Die Sachverständige führte aus, infolge der Trisomie 21 benötige die Klägerin zu allen Verrichtungen Überwachung oder Anleitung.
Klage erfolgreich
Die Klage vor dem SG hatte Erfolg. Es sei zwar eine wesentliche Änderung im Vergleich zu den Verhältnissen im Oktober 1999 dahingehend eingetreten, dass die Klägerin damals noch ein Säugling gewesen sei und nunmehr das 18. Lebensjahr erreicht habe, so das Gericht.
Nachteilsausgleich nach anderen Vorschriften
Das Erreichen der Volljährigkeit führe dazu, dass die in Teil A Nr. 5 VMG geregelten "Besonderheiten der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen" nicht mehr zu berücksichtigen seien. Bei Eintritt der Volljährigkeit seien vielmehr die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften – insbesondere § 33b Abs. 6 Satz 3 und 4 EStG und Teil A Nr. 4 VMG – zum Nachteilsausgleich "H" anzuwenden.
Keine Besserung des Behinderungszustandes nachgewiesen
Das Gericht stellte bei der Klägerin aufgrund ihrer Trisomie 21 Einschränkungen der feinmotorischen Fertigkeiten, ein erhebliches Sprach- und Sprechdefizit sowie Störungen im Sozialverhalten und ein Mangel an Gefahrenbewusstsein fest. Bei der Klägerin sei zudem der Pflegegrad 3 anerkannt, der schwere Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten erfasse. Die Behinderung der Klägerin in Form der Trisomie 21 bestehe weiterhin und dem Beklagten sei nicht der Nachweis gelungen, dass sich der Behinderungszustand, zum Beispiel aufgrund einer eingeleiteten Therapiemaßnahme, wesentlich gebessert habe.
Auch operierter Herzfehler zu berücksichtigen
Schließlich sei nach Teil A Nr. 4 f aa) der VMG das Merkzeichen "H" in der Regel auch erfüllt bei Hirnschäden, Anfallsleiden, geistiger Behinderung, wenn diese Behinderungen allein einen GdB von 100 bedingen, so das SG. Bei der Klägerin sei ein GdB von 100 für die Trisomie 21 und den operierten Herzfehler anerkannt. Auch deshalb sei dem Beklagten nicht der Nachweis gelungen, weshalb die Voraussetzungen für das Merkzeichen "H" aufgrund der Vermutungsregelung nicht mehr vorliegen sollten.