Katalonien: Puigdemont gibt auf – Unbelasteter Kandidat vorgeschlagen

Lichtblick für die spanische Konfliktregion Katalonien: Im monatelangen Ringen mit der Zentralregierung in Madrid hat der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont am 10.05.2018 nachgegeben. Er verzichtete auf eine Kandidatur für das Amt des Regionalpräsidenten und schlug stattdessen den Anwalt und Schriftsteller Quim Torra vor. Damit würde erstmals ein unbelasteter Kandidat für den seit Monaten vakanten Posten zur Verfügung. Sollte der Separatist Torra im Parlament in Barcelona eine Mehrheit erhalten, wäre das seit Januar 2018 anhaltende Tauziehen um die Bildung einer neuen Regierung für die nordostspanische Region beendet.

Keine Wahl in Abwesenheit

Zuvor hatte das Verfassungsgericht Puigdemont auf Antrag Madrids den Weg zur Kandidatur erneut verstellt. Der von der spanischen Justiz gesuchte und sich zuletzt in Berlin aufhaltende Puigdemont könne sich nicht in Abwesenheit wählen lassen, entschieden die Richter. Wenn es bis zum 22.05.2018 keine neue Regierung gibt, muss in Katalonien neu gewählt werden.

Vier Versuche zu Regierungsbildung gescheitert

Seit der Neuwahl in Katalonien im Dezember 2017 scheiterten vier Versuche zur Regierungsbildung. Die Kandidaten hielten sich entweder im Ausland im Exil auf – was im Januar 2018 beim ersten Versuch mit Puigdemont der Fall war – oder saßen in Untersuchungshaft. Das Verfassungsgericht hatte schon im Januar 2018 aufgrund eines Antrags Madrids bestätigt, dass sich ein Kandidat persönlich im Parlament in Barcelona wählen lassen muss.

Deutsche Justiz muss über Auslieferung entscheiden

Puigdemont war im Herbst 2017 nach dem verfassungswidrigen Unabhängigkeitsreferendum vom 01.10.2017 und seiner anschließenden Amtsenthebung nach Belgien geflohen. Am 25.03.2018 wurde er aufgrund eines europäischen Haftbefehls in Schleswig-Holstein festgenommen. Die spanische Justiz wirft ihm unter anderem Rebellion und Untreue vor, dem 55-Jährigen drohen bis zu 30 Jahre Haft. Die deutsche Justiz muss noch entscheiden, ob er an Spanien ausgeliefert wird.

Torra vorgschlagen

In einem in Berlin aufgenommenen und in sozialen Netzwerken verbreiteten Video schlug Puigdemont den 55 Jahren alte Torra vor. Der Politiker, der seit Anfang 2018 im Regionalparlament in Barcelona sitzt, war unter anderem 2015 Präsident des einflussreichen separatistischen Kulturvereins Omnium Cultural.

Offizielle Ernennung Torras erforderlich

Nach dem Vorschlag Puigdemonts teilte der katalanische Parlamentspräsident Roger Torrent mit, er werde am 11.05.2018 die Konsultationsrunden mit den Chefs aller Parteien starten. Erst wenn Torrent dann Torra offiziell zum Kandidaten ernennt, kann ein Termin für die Abstimmung im Parlament festgelegt werden.

Absolute Mehrheit im Regionalparlament

Im Regionalparlament in Barcelona haben die drei für die Unabhängigkeit Kataloniens eintretenden Parteien eine absolute Mehrheit der Sitze. Ob aber zum Beispiel die kleine linksradikale Partei einen Kandidaten Torra unterstützen würde, war vorerst nicht klar.

Puigdemont will Rechte vor internationalen Instanzen verteidigen

Puigdemont betonte im Video, "die Intoleranz des spanischen Staates" sei nach der Zurückweisung mehrerer Kandidaten deutlich geworden. "Die Frist ist abgelaufen. Wir werden aber weiter um unsere Rechte kämpfen", sagte der 55-Jährige auf Katalanisch. Er sei der legitime Regionalpräsident Kataloniens und wolle das vor internationalen Instanzen weiter verteidigen.

Rajoy zeigt sich gesprächsbereit

Am 10.05.2018 hatte sich der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy gesprächsbereit mit einer künftigen Regierung Kataloniens gezeigt. Er sei zur "Aufnahme eines Dialogprozesses bereit", sagte Rajoy im Interview des TV-Senders Antena 3. Einzige Bedingung sei, dass dieser Dialog sich "im Rahmen des Gesetzes" halte, warnte der konservative Politiker.

Redaktion beck-aktuell, 11. Mai 2018 (dpa).

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