Bundeskartellamt verschärft Regelungen für Amazon

Das Bundeskartellamt (BKartA) will den Onlinekonzern Amazon künftig stärker kontrollieren. Die Behörde hat am Dienstag entschieden, dass die Amazon.com Inc., Seattle, USA im kartellrechtlichen Sinne ein Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb ist. Damit unterfällt Amazon gemeinsam mit seinen Tochterunternehmen – zunächst befristet auf fünf Jahre – der erweiterten Missbrauchsaufsicht des § 19a GWB.

Vorgehen künftig effektiver

"Konkret bedeutet diese Entscheidung, dass wir bei Amazon mögliche wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen gezielt aufgreifen und unterbinden können, und zwar effektiver als das bisher der Fall war", sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Bei seinen Marktplatzdienstleistungen für Dritthändler hält das BKartA Amazon für marktbeherrschend. Damit greife hier zusätzlich die parallel anwendbare klassische Missbrauchsaufsicht, auf deren Grundlage die Behörde derzeit schon Verfahren gegen Amazon führt.

Eines der umsatzstärksten Unternehmen der Welt

Amazon gehört mit weltweiten Umsatzerlösen von rund 400 Milliarden Euro im Jahr 2021, davon circa 32 Milliarden Euro in Deutschland, zu den umsatzstärksten Unternehmen der Welt. Nach Einschätzung des Kartellamtes wird mehr als jeder zweite Euro im deutschen Online-Einzelhandel auf der Amazon-Handelsplattform (amazon.de) ausgegeben.

Umsatzbezogener Marktanteil von über 70%

Seine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb im Sinne des § 19a Abs. 1 GWB verschaffe dem Unternehmen eine Machtposition, die ihm vom Wettbewerb nicht hinreichend kontrollierte marktübergreifende Verhaltensspielräume eröffne, betonte das Kartellamt. Das Unternehmen habe durch die unter amazon.de betriebene Handelsplattform eine zentrale strategische Position im deutschen Online-Einzelhandel. Bei Marktplatzdienstleistungen für gewerbliche Händler in Deutschland verfüge Amazon über einen umsatzbezogenen Marktanteil von über 70% und sei damit marktbeherrschend.

Doppelrolle als Händler und Marktplatz 

Die enorme Bedeutung der Amazon-Handelsplattform werde durch die eigene Einzelhandelstätigkeit auf der Plattform sogar noch verstärkt (sogenannte Hybridstruktur). Damit einher gehe eine Regelsetzungsmacht, die erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftstätigkeit und den Geschäftserfolg anderer Unternehmen eröffne. Das bedeute, Amazon könne den Zugang anderer Unternehmen zu Absatz- und Beschaffungsmärkten kontrollieren und dabei seine Doppelrolle als Händler und Marktplatz ausspielen. Sein breites Portfolio an Geschäftstätigkeiten habe Amazon zu einem stark integrierten digitalen Ökosystem verbunden, das dazu beitrage, Nutzergruppen im Ökosystem zu halten.

Wettbewerbsrelevante Daten und starke Finanzkraft

Eine besondere Rolle spiele dabei das Prime-Abonnement, mit dem Endkunden neben einer versandkostenfreien Lieferung vielfältige weitere Dienstleistungen angeboten werden. Mehr als 17 Millionen auf amazon.de registrierte Nutzerinnen und Nutzer besäßen ein kostenpflichtiges Prime-Abonnement. Zudem verfüge Amazon über erhebliche Ressourcen wie wettbewerbsrelevante Daten und eine starke Finanzkraft.

Redaktion beck-aktuell, 6. Juli 2022.